Symptome
Bei Belastungssituationen anfallsweise auftretende Hautrötung (Flush) mit Ausbreitung vom Gesicht nach kaudal, verbunden mit subjektivem Hitzegefühl (94 %), Teleangiektasien am Oberkörper, anfallsartige wässrige Diarrhö, gastrointestinale Hypermotilität, kolikartige
Bauchschmerzen, Blutdruckschwankungen (v. a. Hypotonie), asthmoide Anfälle, Endokardfibrose, evtl. mit Klappenbeteiligung (Pulmonalstenose, Mitral-, Aortenklappen- und Trikuspidalinsuffizienz), Arrhythmie, Hepatomegalie,
Lebermetastasen.
Pellagraähnliche Symptome entstehen v. a. bei serotoninproduzierendem
Karzinoid, da bis zu 60 % der verfügbaren Aminosäure
Tryptophan dafür abgezweigt werden (anstatt normal 1 %).
Zusammenfassung der wichtigsten Symptome des Karzinoid-Sy nach ihrer Häufigkeit |
Symptom | Häufigkeit (%) |
Anfallsweise Hautrötung (Flush) | 90 |
Diarrhö | 70 |
| 40 |
Rechtsherzbefunde | 30 |
Bronchospastik | 15 |
Linksherzbefunde | 10 |
Pellagra | 5 |
Anästhesierelevanz
Unter den nachgewiesenen Gewebshormonen finden sich außer
Serotonin noch
Histamin,
Gastrin,
Sekretin,
Prostaglandine,
Glukagon,
Insulin,
Parathormon, Kalzitonin,
Vasopressin,
Motilin, β-Endorphin, Kallikrein, Bradykinine, Tachykinine (Neuropeptid K,
Neurotensin, Neurokinin A,
Substanz P und das vasoaktive intestinale Peptid = VIP),
antidiuretisches Hormon = ADH, Kortikotropin u. a. m.
Die Vielfalt der möglichen sezernierten Substanzen erklärt die Verschiedenheit (und die Gegensätzlichkeit) der auftretenden Befunde. Allerdings kommt es zu systemisch wirksamen Effekten erst bei fortgeschrittener Metastasierung des
Karzinoids, da kleinere Gewebshormonmengen aus dem Gastrointestinalbereich durch die vorgeschaltete Leberpassage einer wirksamen Clearance unterworfen werden (außer bei bestehender Leberinsuffizienz). Daher sind bei lediglich 5–7 % der Fälle systemische Symptome zu beobachten. Vermutlich können Gewebshormone zumindest teilweise auch in der Lunge inaktiviert werden, was daran ersichtlich ist, dass das rechte Herz weit häufiger betroffen ist als das linke. Die kardiale Beteiligung äußert sich vorwiegend als Trikuspidalinsuffizienz, Pulmonalklappeninsuffizienz bzw.-stenose, Endokardfibrose, während das linke Herz nur in 10 % der Fälle einer kardialen Beteiligung betroffen ist.
Bei
Serotonin sezernierendem
Karzinoid kann es unter Umständen zu verzögertem Aufwachen nach einer Narkose kommen. Bei
Histamin sezernierendem Karzinoid ist der Flush im Vordergrund, hinzukommen Kreislaufinstabilität und Arrhythmieneigung. Kallikrein bzw. Bradykinine verursachen vorwiegend hypotensive Kreislaufzustände. Tachykinine verursachen ebenfalls Flush und kardiale Effekte.
In einem späteren Stadium und bei erheblichem Größenwachstum können Karzinoidtumoren auch mechanische Befunde wie
Ileus oder Blutungen verursachen.
Es ist sinnvoll, Rezeptorenblocker therapeutisch bzw. prophylaktisch einzusetzen. Eine gezielte Blockade ist möglich, wenn das sezernierte Gewebshormon bekannt ist. Das Somatostatinanalogon Octreotid (50–500 mg s.c., 8-stündlich nach Wirkung) ist das Medikament der ersten Wahl. Es bewirkt eine Hemmung der unkontrollierten Hormonfreisetzung aus der Tumorzelle. Alternativ kommen folgende Rezeptorenblocker zum Einsatz:
Diphenhydramin (25–50 mg i.v.) zur H1-Rezeptorenblockade; Ranitidin (150 mg p.o. oder i.v.) zur H2-Rezeptorenblockade; Ondansetron (8 mg i.v.) zur 5-HT3-Rezeptorenblockade; ferner Aprotinin (200.000 Einheiten i.v.) und
Somatostatin (0,1 μg/kg/min) als kontinuierliche Infusion.
Weitere, vereinzelt erwähnte Medikamente sind
Kortikosteroide, Methysergid und Ketanserin.