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Die Geburtshilfe
Info
Publiziert am: 24.11.2023

Adipositas und Schwangerschaft

Verfasst von: Ute M. Schäfer-Graf, Markus Schmidt, Tanja Groten, Susanne Greve und Lars Brodowski
Kinderwunsch und Schwangerschaften adipöser Patientinnen stellen in besonderer Weise eine Herausforderung für die Patientinnen und die Betreuenden dar. Präkonzeptionell kann Adipositas die Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sein. Bei Eintritt der Schwangerschaft erhöht die oft unzureichende Substitution mit Mikronährstoffen das Risiko für die Entstehung von Fehlbildungen, während der Schwangerschaft ist die Rate an Schwangerschaftskomplikationen erhöht. In den letzten Jahren wurden national und international Empfehlungen zur Betreuung von Schwangeren mit Adipositas publiziert, die erstmals Standards für die Betreuung dieser besonderen Patientinnen etabliert haben. Wichtige Eckpunkte umfassen dabei zunächst die Erkennung und Benennung des Risikos durch BMI-Bestimmung und Thematisierung der Diagnose Adipositas und der damit verbundenen Risiken mit der Patientin (möglichst schon präkonzeptionell). Die angepasste Substitution von Spurenelementen und Vitaminen, eine Ernährungsberatung und insbesondere die Aufklärung über den Rahmen der empfohlenen Gewichtszunahme sollten von jedem Frauenarzt und jeder Frauenärztin umgesetzt werden. Die angepasste Überwachung und frühzeitige Erkennung eines Gestationsdiabetes oder einer hypertensiven Schwangerschaftserkrankung sollten sich anschließen. Schließlich ist auch die rechtzeitige und angepasste Geburtsplanung in einem für die Betreuung von adipösen Schwangeren qualifiziertem Zentrum notwendig, um einen optimalen Ausgang der Schwangerschaft für Mutter und Kind zu erreichen.

Einführung

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich die Prävalenz der Adipositas zwischen 1975 und 2008 weltweit verdreifacht. In Deutschland sind rund die Hälfte (53 %) der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2), davon 24 % stark übergewichtig (adipös; BMI ≥ 30 kg/m2). Auch der Anteil der adipösen Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 20 und 40 Jahren steigt stetig. In der Bundesauswertung der deutschen Perinatalstatistik hatten 16,35 % der Gebärenden bei der Erstuntersuchung einen BMI ≥ 30 kg/m2 (siehe auch Tab. 1) (Bundesauswertung nach QSKH-RL 2020 [iqtig.org]).
Tab. 1
Verteilung der Gewichtsklassen nach WHO bei Schwangeren in Deutschland im Jahr 2020
Alle Schwangeren in 2020
N = 745.804
BMI bei Erstuntersuchung
n
%
< 20 (< 18,5 Untergewicht)
83.708
11,22
20–< 25 (Normalgewicht)
317.839
42,62
25–< 30 (Übergewicht/Präadipositas)
171.860
23,04
≥ 30 (Adipositas)
121.915
16,35
Ohne verwertbare Angabe
50.482
6,77
Quelle: Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Geburtshilfe. Bundesauswertung zum Erfassungsjahr. (Bundesauswertung nach QSKH-RL 2020 [iqtig.org])
Schwangerschaften adipöser Patientinnen sind mit besonderen Risiken für Mutter und Kind assoziiert. Insbesondere ist dabei die Phase unmittelbar um die Geburt prä- und postpartal risikobehaftet. Bereits präkonzeptionell kann Adipositas Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sein. Die Betreuung von adipösen Schwangeren sollte deshalb definierten Standards folgen. Die erste Leitlinie zu Schwangerschaft und Adipositas wurde 2020 bei der AWMF publiziert (AWMF S3 015-081 Adipositas und Schwangerschaft [awmf.org]).
Insbesondere eine kontrollierte Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und die konsequente Behandlung von bestehenden Stoffwechselerkrankungen können bei Schwangeren mit Adipositas das neonatale Outcome wesentlich verbessern. Hierüber sollten die betreuenden Geburtshelfer*innen und Hebammen informiert sein und die ihnen anvertrauten Schwangeren entsprechend beraten und schulen können. Dabei beginnt die Betreuung mit dem Erkennen des Risikos und der Bestimmung des BMI bei Erstkontakt in der Schwangerschaft.
Zu kaum einem anderen Zeitpunkt im Leben als während der Kinderwunschphase und in der Schwangerschaft sind Familien mehr motiviert, Dinge zu ändern „für die Gesundheit ihres Kindes“. Damit kommt der optimalen Betreuung und Beratung der betroffenen Frauen und Familien in dieser Phase eine besondere Bedeutung zu, da erreichte Gewohnheitsänderungen sich potenziell positiv auf die lebenslange Gesundheit der Familien auswirken können.

Allgemeine Grundlagen

Terminologie

Übergewicht und Adipositas sind definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Berechnungsgrundlage für die Gewichtsklassifikation ist der sog. Body-Mass-Index (BMI). Der BMI ist das Maß für die Körpermasse und berechnet sich aus dem Quotienten von Gewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m2). Die Klassifikation in die verschiedenen Gewichtsklassen folgt den Vorgaben der WHO (siehe Tab. 1). Übergewichtig sind demnach alle Menschen mit einem BMI ≥ 25 kg/m2. Auch unabhängig von einer Schwangerschaft steigen ab einem BMI von 25 kg/m2 die Gesundheitsrisiken über die der Menschen mit einem BMI < 25 kg/m2 stetig an (Tab. 2). Für die Einteilung der Schwangeren gilt der BMI vor der Schwangerschaft. Der BMI sollte daher aus den im Rahmen der Erstvorstellung erhobenen Werte für Körperlänge und Gewicht bei jeder Schwangeren bestimmt werden. Leider fehlt ein entsprechend auszufüllendes Feld bisher im Mutterpass.
Tab. 2
BMI-Klassifikation gemäß WHO
BMI (kg/m2)
Kategorie
Risiko für Begleiterkrankungen des Übergewichts
< 18,5
Untergewicht
Niedrig
18,5–24,9
Normalgewicht
Durchschnittlich
25–29,9
Übergewicht
Präadipositas
Gering erhöht
30–34,9
Adipositas Grad I
Erhöht
35–39,9
Adipositas Grad II
Hoch
≥ 40
Adipositas Grad III
Sehr hoch

Epidemiologie

Mit steigendem Anteil an Adipösen in der Bevölkerung wächst auch der Anteil an Schwangeren mit einem BMI ≥ 30 kg/m2. In den letzten 6 Jahren stieg der Anteil der Frauen, die mit einem BMI ≥ 30 kg/m2 schwanger waren, von 13,66 % im Jahr 2014 auf 16,35 % 2020.

Ätiologie und Pathogenese

Fettgewebe fungiert im Körper als endokrines Organ. Es produziert Adipokine (z. B. Leptin, Adiponectin, IL-6 und TNF-alpha), die die Stoffwechselprozesse anderer Organe beeinflussen. Auch Östrogen wird im Fettgewebe gebildet. Zusätzlich hat Fettgewebe eine immunmodulatorische Wirkung. Im Gewebe kommt es zu einer Ansammlung von Makrophagen, die bei zunehmender Adipositas die Zytokinproduktion hochregulieren und eine generalisierte chronische Entzündungsreaktion hervorrufen (Lainez und Coss 2019). Diese Reaktion verursacht die metabolischen Folgeerkrankung, wie z. B. Arteriosklerose, Diabetes mellitus und auch eine nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH), die auch bei jungen Menschen auftreten können. Es gibt 2 Fettverteilungsmuster: das männliche Fettverteilungsmuster (androider Fettverteilungstyp; Apfeltyp, abdominell vermehrtes Fettgewebe) und das weibliche Fettverteilungsmuster (gynäkoider Fettverteilungstyp; Birnentyp; vermehrtes Fettgewebe an Hüfte und Oberschenkeln). Adipokine werden vor allem im viszeralen Fettgewebe gebildet, welches ca. 10–20 % des Gesamtkörperfettes ausmacht. Eine Steigerung des Anteils an viszeralem Fett, wie beim androiden Typ, geht somit mit einer deutlichen Risikoerhöhung für Folgeerkrankungen einher.
Die erhöhten Risiken in der Schwangerschaft (Tab. 3) sind dabei z. T. auf bereits entstandene metabolische Folgeerkrankungen, wie die Insulinresistenz und die Arteriosklerose, zurückzuführen, zum Teil jedoch auch auf die immunologische und endokrine Aktivität des Fettgewebes selbst.
Tab. 3
Zusammenhang zwischen BMI und ≥ 1 Fehlgeburt nach spontaner Konzeption. (Mod. nach Boots und Stephenson 2011, Metanalyse von 4 Studien; 24.738 Frauen (13))
BMI
Frauen mit ≥ 1 Fehlgeburt (in %)
OR (95 % CI)
Normalgewicht
10,7 % (1834/17.146)
Referenz
Übergewicht
11,8 % (446/3792)
1,11 (1,00–1,24)
Adipositas
13,6 % (516/3800)
1,31 (1,18–1,46)

Präkonzeptionelle Beratung

Neben den metabolischen und kardiovaskulären Folgeerkrankungen der Adipositas wird auch die Fortpflanzungsfunktion eingeschränkt. Es zeigen sich gehäuft Störungen der Pubertätsentwicklung, Menstruationsstörungen, insbesondere längere Follikelphasen mit Ovulationsstörungen und Infertilität. Zusätzlich ist die Rate an spontanen Fehlgeburten erhöht. Adipöse Frauen sollten daher frühzeitig im reproduktiven Alter über die schwangerschaftsspezifischen Folgen der Adipositas für die Fertilität und die Schwangerschaft aufgeklärt werden. Nur so kann eine gesündere Lebensweise und eine Gewichtsreduktion bereits präkonzeptionell erreicht werden. Das Ziel, ein „gesundes Kind“ zu bekommen, kann in dieser Phase positiv motivieren.

Fertilität

Der Einfluss der Adipositas auf die Fertilität ist komplex. Anovulationsbedingte Infertilität ist bei adipösen Frauen doppelt so häufig im Vergleich zu normal gewichtigen Frauen. Die erhöhte Leptinsekretion aus dem Fettgewebe führt zu einer hypothalamischen Dysregulation mit Zyklusunregelmäßigkeiten, die in eine Anovulation münden können. Adipöse Frauen zeigen eine veränderte endometriale Genexpression während der Implantationsphase, die als mögliche Ursache für die erhöhte Abortrate (Tab. 3) diskutiert wird (Boots und Stephenson 2011).
Zu den körperlichen Veränderungen, die bei Frauen mit Adipositas als Folge der metabolischen Besonderheiten entstehen können, gehört auch das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS). Ein PCOS liegt definitionsgemäß vor, wenn mindestens 2 der 3 folgenden Hauptsymptome zutreffen: Zyklusstörungen (Oligo-/Anovulation), Hyperandrogenismus (klinisch oder biochemisch) und sonografisch nachweisliche polyzystische Ovarien. Ein PCOS ist zudem fast immer mit einer Insulinresistenz vergesellschaftet. Bei adipösen Frauen mit PCOS kann bereits eine moderate Gewichtsabnahme die Fertilität wiederherstellen. Bei nachgewiesener Insulinresistenz kann dabei unterstützend Metformin im Off-Label-Use gegeben werden.
Nach neuerer Datenlage kann bei adipösen Frauen mit Adipositas auch der Einsatz des Aromatasehemmers Letrozol ein Follikelwachstum induzieren und so eine Konzeption ermöglichen. Die Schwangerschaftsraten nach Letrozol scheinen dabei denen nach Clomifenbehandlung zu entsprechen, mit dem Vorteil eines geringeren Risikos für Mehrlingsschwangerschaften.

Adipositas und assistierte Reproduktion

Die Indikation zu reproduktionsmedizinischen Verfahren sollte bei übergewichtigen Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch streng geprüft werden. Insbesondere die geringeren Erfolgsraten bei bestehender Adipositas müssen mit den Hilfe suchenden Paaren besprochen werden. Adipöse Frauen, die sich einer IVF-Behandlung unterziehen, benötigen häufig höhere Dosierungen von Gonadotropinen und zeigen ein geringeres Ansprechen auf die ovarielle Stimulationsbehandlung. Es besteht außerdem ein Zusammenhang zwischen Adipositas und niedrigeren Befruchtungsraten, einer schlechteren Eizellqualität und höheren Fehlgeburtenraten. Eine Gewichtsabnahme bei diesen Frauen kann die Reproduktionsergebnisse signifikant verbessern und sollte primär empfohlen werden. Ein Cut-Off-Wert für den BMI, der die Ablehnung einer Fertilitätsbehandlung rechtfertigt, existiert nicht und wird auch eher kritisch diskutiert (Koning et al. 2017). Wichtig ist die umfassende Voruntersuchung auf Adipositas-assoziierte Folgeerkrankungen, wie z. B. einem Diabetes mellitus Typ 2, sowie die Anpassung einer bestehenden Medikation auf in der Schwangerschaft zugelassene Medikamente.
Tab. 4 zeigt die Erfolgsraten einer reproduktionsmedizinischen Maßnahme in Abhängigkeit vom BMI von 47.967 Behandlungen (Rittenberg et al. 2011).
Tab. 4
Zusammenhang zwischen BMI und Schwangerschaftsoutcome von 47.967 IVF- oder ICSI-Behandlungen. (Mod. nach Rittenberg et al. 2011, Systematischer Review und Metanalyse von 33 Studien)
BMI
(BMI ≥ 25 kg/m2)
(BMI 25–29,9 kg/m2)
(BMI ≥ 30 kg/m2)
Sonografisch nachgewiesene intrauterine Schwangerschaft
RR = 0,90*
RR = 0,91*
RR = 0,87*
Lebendgeburten
RR 0,84*
RR = 0,91*
RR 0,80*
Aborte
RR 1,31*
RR 1,24*
RR 1,36*
*p < 0,05; RR im Vergleich zu normalgewichtigem Kollektiv (BMI < 25 kg/m2)

Beratung über die Bedeutung von Komorbiditäten und Gewichtsoptimierung

Bei bestehendem Kinderwunsch sollten adipöse Frauen über ihre individuellen Risiken und Komplikationen vor und während der Schwangerschaft informiert werden. Dabei kann eine Information über die mögliche Risikoreduktion durch präkonzeptionelle Gewichtsabnahme dazu animieren, Gewicht zu verlieren. So wie jede zusätzliche BMI-Einheit das Risiko für die Geburt eines für sein Schwangerschaftsalter zu großen Kindes (LGA) um 6 %, für eine Präeklampsie um 5 % und für eine Sectio um 2 % erhöht, sinkt das Risiko mit jeder BMI-Einheit, die vor der Schwangerschaft abgenommen wird, in gleichem Maße (Weschenfelder et al. 2021).
Die Empfehlung zu einer präkonzeptionellen Gewichtsoptimierung mit dem Ziel des Normalgewichtes gilt weltweit. Die Behandlung der Adipositas stützt sich dabei im Allgemeinen auf 3 Säulen: (1) das „Basisprogramm“ (Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie), die (2) medikamentöse Therapie und die (3) bariatrische Chirurgie.
Insbesondere bei morbider Adipositas wird in den vergangenen Jahren zunehmend häufig auch ein bariatrisches Verfahren angeboten und durchgeführt. Die Indikationsstellung zur bariatrischen Operation besteht dabei jedoch auch bei Kinderwunsch erst bei einem BMI > 40 kg/m2 oder bei einem BMI > 35 kg/m2 mit Komorbiditäten und nachweislicher Ausschöpfung der konservativen Therapieoptionen. Da der Faktor Zeit gerade bei Kinderwunsch eine wichtige Rolle spielt, wird die Anbindung an spezialisierte Zentren empfohlen. Nur so kann zügig ein strukturierter zielführender Plan für eine Ernährungsmodifikation und körperliche Aktivität gemeinsam mit der Patientin entwickelt werden und interdisziplinär eine Einschätzung der Patientinnen erfolgen, bevor die Indikation zur OP gestellt werden kann.
Ein wichtiger Bestandteil der präkonzeptionellen Beratung von Patientinnen mit Adipositas und Kinderwunsch ist u. a. die Abklärung von Folgeerkrankungen. Ein vorbestehender Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen oder ein arterieller Hypertonus sollten präkonzeptionell erkannt und medikamentös eingestellt werden. Sind bereits Vorerkrankungen bekannt oder wurden behandelt, muss im reproduktiven Alter die Vereinbarkeit der Medikation mit einer potenziellen Schwangerschaft überprüft werden. Antihypertensiva, wie z. B. ACE-Hemmer und Angiotensin-1-Rezeptorblocker (AT1-Blocker), oder Statine zur Lipidsenkung sind in der Schwangerschaft kontraindiziert und müssen umgestellt bzw. abgesetzt werden. Bei Unklarheiten bezüglich der Verträglichkeit einer laufenden Medikation mit einer Schwangerschaft kann eine Recherche bei Embryotox (Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin) hilfreich sein.

Supplementation bei Kinderwunsch

Bei übergewichtigen und adipösen Frauen konnte eine Häufung von Fehlbildungen des Zentralnervensystems, insbesondere von Neuralrohrdefekten, beobachtet werden (siehe Tab. 5). Da vornehmlich Neuralrohrdefekte auf einen Folsäuremangel zurückzuführen sind, wird bei adipösen Frauen mit Kinderwunsch empfohlen, zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung täglich mindestens 400 μg Folsäure bis zum Ende des 1. Schwangerschaftsdrittels zu substituieren. Die Einnahme sollte möglichst 4 Wochen vor Konzeption begonnen werden. Sollte die Schwangerschaft bereits ohne entsprechende Folsäuresubstitution eingetreten sein, wird die schnelle Aufsättigung mit 800 μg Folsäure täglich empfohlen (Obeid et al. 2018). Neben Folsäure zeigen adipöse Frauen oft einen Mangel an anderen Vitaminen und Mineralien, deren Bedarf während der Schwangerschaft ansteigt und deren Supplementation und ggf. Ausgleich bereits vor der Schwangerschaft erfolgen sollte (Weschenfelder und Groten 2019).
Tab. 5
Häufung von Fehlbildungen bei Übergewicht und Adipositas. (Mod. nach Stothard, Systematischer Review und Metaanalyse von 18 Studien; 2009)
 
Übergewicht
BMI (25–29,9 kg/m2)
Adipositas
(BMI ≥ 30 kg/m2)
Neuralrohrdefekte
OR 1,20 (1,04–1,38)
OR 1,87 (1,62–2,15)
Spina bifida
OR 1,12 (0,92–1,37)
OR 2,24 (1,86–2,69)
Kardiovaskuläre Fehlbildungen
OR 1,17 (1,03–1,34)
OR 1,30 (1,12–1,51)
Hydrozephalie
OR 1,28 (0,93–1,75)
OR 1,68 (1,19–2,36)
Reduktionsdefekt der Extremitäten
OR 1,22 (0,97–1,53)
OR 1,34 (1,03–1,73)
OR 1,19 (0,91–1,54)
OR 1,48 (1,12–1,97)

Betreuung in der Schwangerschaft

Komorbiditäten

Die Erkenntnis um die spezifischen, mit der Adipositas verbundenen Risiken während der Schwangerschaft, für die Geburt und die postpartale wie auch die postnatale Phase ermöglichen eine strukturelle Beratung der betroffenen Paare und die Durchführung einer Risiko-adaptierten Schwangerschaftsbegleitung und -vorsorge. Um übergewichtigen und vor allem adipösen Schwangeren eine Risiko-adaptierte Betreuung zukommen lassen zu können, muss zunächst die Diagnose Adipositas sensibel thematisiert werden. Neben einer ausführlichen Anamnese zur Erfassung der vorbestehenden und begleitenden Komorbiditäten können eine körperliche Untersuchung und eine Labordiagnostik zur Erkennung bisher klinisch inapparenter endokriner Störungen sinnvoll sein. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung können die Folgen mangelnder Hautfaltenhygiene sowie orthopädische Folgeerscheinungen erkannt und thematisiert werden.
Die in Tab. 6 zusammengestellten Laboruntersuchungen können zur Abklärung von bereits vorliegenden Folgeerkrankungen dienen. Alternativ sollte der Patientin geraten werden, eine entsprechende Abklärung beim Hausarzt*ärztin zu erbeten.
Tab. 6
Laborparameter zur Erfassung von Komorbiditäten bei Adipositas in der Schwangerschaft
 
Laborparameter
Abklärung von
Allgemein
Blutbild
Gerinnung
TSH-Stufendiagnostik
Schilddrüsenfunktionsstörungen
Nierenfunktionsstörungen
Leberfunktionsstörungen
Glukosestoffwechsel
Nüchtern-Blutglukose
HbA1c
Glukosestoffwechsel
Fett-/Leberstoffwechsel
Gesamtcholesterin
HDL
LDL
Triglyceride
GOT
Y GT
Fettstoffwechselstörung
Präeklampsie
sFlt/PIGF-Ratio
Präeklampsierisiko
Vitamin/Spurenelemente
Insbesondere nach bariatrischer Operation obligat
V. a. Cushing
Cortisol-Bestimmung im 24 h-Urin
Dexamethason-Kurztest
Nur bei Verdacht aus Cushing – Ursachensuche Adipositas
Werden im Rahmen dieser Untersuchungen Folge- und/oder Begleiterkrankungen erkannt, sollten diese schwangerschaftsgerecht therapiert werden. Laufende Therapien müssen auf ihre Kompatibilität mit der Schwangerschaft geprüft und ggf. angepasst sowie umgestellt werden. Dabei gilt, dass eine Therapie mit oralen Antidiabetika auf eine Insulintherapie umgestellt werden muss, eine antihypertensive Therapie sollte auf Methyldopa oder in Kombination mit Nifedepin umgestellt werden. Eine laufende antidepressive Therapie sollte in keinem Fall beendet werden, die allermeisten Präparate sind mit der Schwangerschaft gut verträglich. Eine Beratung kann hier über Embryotox (https://www.embryotox.de/) eingeholt werden.

Ernährungsberatung

Eine eingehende individuelle Beratung der Patientin durch eine*n entsprechend geschulte Ernährungsberater*in ist bei Adipositas wünschenswert. Dabei kommen der Aufklärung über die maximal empfohlene Gewichtszunahme sowie über ausreichende Bewegung eine besondere Bedeutung zu (siehe Tab. 7 und 8). Von einer Gewichtszunahme über die Empfehlungen des Instituts of Medicine (IOM) hinaus wird bei 37–50 % der Schwangeren mit einem BMI > 25 kg/m2 berichtet (Papazian et al. 2017).
Tab. 7
Inhalte der Beratung bei Adipositas und Schwangerschaft
Ernährungstherapie/Schulung
• Fester Mahlzeitenrhythmus ohne „Snacking“ – kein Essen für Zwei
• Energiebedarf nur im letzten Schwangerschaftsdrittel höher als vor der Schwangerschaft (um ca. 200 kcal pro Tag)
• Tagesbedarf: 12–18 kcal/kg KG am Tag bei Adipositas
• Ernährungsprotokolle führen
• Verzicht auf schnell resorbierbare Kohlenhydrate
• Ausreichende Vitamin- und Mineralstoffzufuhr
• Aufklärung über die empfohlene Gewichtszunahme
Bewegungstherapie
• Regelmäßige körperliche Bewegung nach den Mahlzeiten, am Vormittag und vor dem Schlafengehen – Bewegung in die Alltagsabläufe einpassen
• Schritteapps nutzen und Schritte protokollieren – individuelle Ziele vereinbaren
• Bewegungsabläufe mit Aktivierung der großen Muskelgruppen (Walken, Joggen, Schwimmen etc.)
Tab. 8
BMI-abhängige Empfehlungen zur Gewichtszunahme in der Schwangerschaft. (Nach IOM 2009)
BMI vor der Schwangerschaft (kg/m2)
Einteilung nach WHO
Empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft (kg) nach IOM
< 18,5
Untergewicht
12,5–18
18,5–24,9
Normalgewicht
11,5–16
25–29,9
Übergewicht
7–11,5
> 30
Adipositas
5–9
Es gibt in der Literatur inzwischen erste Studien, die zeigen, dass die IOM-Empfehlungen für adipöse Schwangere zu hoch und dass bei einem BMI über 40 kg/m2 der Schwangerschaftsverlauf am besten ist, wenn kein Gewicht zugenommen wird (Hinkle et al. 2010).

Schwangerschaft nach Adipositaschirurgie

Zur Behandlung der morbiden Adipositas werden zunehmend häufig chirurgische Verfahren mit einer Magenverkleinerung (Schlauchmagen), z. T. kombiniert mit absorptionsreduzierenden Eingriffen (Roux-Y-Bypass), zum Ziel der radikalen Gewichtsreduktion durchgeführt. In Deutschland wurden im Jahr 2018 mehr als 15.000 bariatrische Operationen durchgeführt, 70 % der Eingriffe werden bei Frauen im Reproduktionsalter durchgeführt. Bei Frauen im fertilen Alter besteht die Motivation zur metabolischen Chirurgie sowohl in der Therapie eines Metabolischen Syndroms als insbesondere zunehmend häufig auch zur Behandlung bei Kinderwunsch (Stroh et al. 2018). Untersuchungen von Milone et al. aus dem Jahr 2016 konnten zeigen, dass die Fertilitätsraten nach adipositaschirurgischen Eingriffen um 58 % stiegen (Milone et al. 2016). Auch wenn es nach bariatrischen Eingriffen zu einer erheblichen Gewichtsreduktion kommt, bleiben die Patientinnen in der Regel adipös.
Grundsätzlich gilt ein bei adipösen Schwangeren angepasstes Vorgehen. Frauen nach bariatrischer Chirurgie bedürfen zusätzlich eines besonderen Monitorings der Substitution von Mikronährstoffen, Mineralien und Vitaminen, die alle 3 Monate während der Schwangerschaft kontrolliert werden sollten (Vitamine B1, B12, Albumin, Kalzium, Folsäure, Ferritin, 25[OH] D3, Parathormon, Vitamin A., siehe auch Tab. 9). Dies trifft vor allem für Frauen zu, bei denen malabsorptive Verfahren, wie die Magenbypass-Operation (RYGB), durchgeführt wurden. Es besteht aufgrund der Reduktion an Magensäure und mit ihr des „Intrinsic factor“ ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines Vitamin-B12-Mangels.
Tab. 9
Empfehlung der Deutschen Adipositasgesellschaft zur Prophylaktischen Supplementierung nach adipositaschirurgischen bzw. metabolischen Operationen
 
SG
pRYGB
BPD-DS
Protein (gesamt pro Tag)
> 60 g/d
> 60 g/d
> 90 g/d
Folsäure
MVM-Präparat 2 ×/d
600 μg/d
 
Vitamin B1
MVM-Präparat 2 ×/d, keine Dosisempfehlung
  
Oral: 1000 μg/d
  
 
i. m.: 1000–3000 μg/d alle 3 bis 6 Monate
  
Vitamin A
MVM-Präparat 2 ×/d
MVM-Präparat 2×/d
1–2 × 25.000 IU/
Mind. 3000 IU/d, Serumkonzentration > 30 ng/ml
  
MVM-Präparat 2 ×/d, keine Dosisempfehlung
  
Kalzium als Zitrat
1200–1500 mg/d
  
Eisen als Sulfat Fumarat, Glukonat
MVM-Präparat 2 ×/d
50 mg/d
2 × 100 mg/d
Magnesium als Zitrat
200 mg/d
  
Zink als Glukonat, Sulfat, Azetat
MVM-Präparat 2 ×/d
MVM-Präparat 2 ×/d
8–15 mg/d
Kupfer als Glukonat, Oxid, Sulfat
   
Selen als Natriumselenit
Keine Empfehlung
MVM-Präparat 2 ×/d mit 2 mg/d Kupfer
 
MVM-Präparat = Multivitamin-Mineralstoff-Präparat: Bei der Auswahl des Präparates auf eine reichhaltige Anzahl der Mikronährstoffe und auf eine Konzentration innerhalb 100 % RDA achten
LAGB = Magenband; SG = Schlauchmagen; pRYGB = proximaler Roux-en-Y-Magenbypass; BPD-DS = Biliopankreatische Diversion mit Duodenal-Switch
Nach adipositaschirurgischen Eingriffen sinkt die Rate an Aborten und mit der Adipositas assoziierten Schwangerschaftskomplikationen, wie der Präeklampsie und des Gestationsdiabetes. Auf kindlicher Seite werden weniger Kinder mit LGA-Geburtsgewicht geboren, dafür ist die SGA-Rate deutlich erhöht und es werden auch mehr IUFT beschrieben (Johansson et al. 2015). Bei Schmerzen im Bereich des Abdomens muss differenzialdiagnostisch an innere Hernien mit konsekutivem Ileus sowie dem Risiko eines Dünndarmvolvulus gedacht werden, die auch nach der Entbindung auftreten können. Das Auftreten einer inneren Hernie und eines Ileus stellen dann eine Indikation zu einer Notfalloperation dar. Differenzialdiagnostisch ist im 1. Trimenon das Erbrechen als Folge der inneren Hernie und des Ileus von einer schweren Hyperemesis gravidarum häufig schwierig abzugrenzen. Auf die Symptome dieser chirurgischen Komplikationen sollte die Schwangere aufmerksam gemacht werden.
Bei Schwangeren nach bariatrischer Operation darf kein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt werden. Ein solcher Test kann bei diesen Patientinnen zu einem schwerwiegenden Dumpingsyndrom führen. Zudem sind die oGTT-Grenzwerte wegen der veränderten Resorption nicht verwendbar. Es empfiehlt sich, zu Beginn der Schwangerschaft über einen Nüchtern-BZ und eine HbA1c-Bestimmung eine vorbestehende Störung auszuschließen und im 2. und 3. Trimenon ggf. intermittierend Blutzuckertagesprofile zu erheben.

Gestationsdiabetes

Übergewichtige und adipöse Frauen haben ein erhöhtes Risiko für einen Gestationsdiabetes (Tab. 10) und auch für einen bisher unerkannten Typ-2-Diabetes und sollten daher, falls nicht vorher geschehen, bereits bei Schwangerschaftsfeststellung eine Abklärung einer bestehenden Glukosestoffwechselstörung erhalten. Die Leitlinie empfiehlt hierzu die Bestimmung eines Nüchternblutzuckers oder/und eines HbA1c (siehe auch Kap. „Diabetes und Schwangerschaft“).
Tab. 10
Übersicht über Adipositas-assoziierte signifikant erhöhte Risiken
Pathologie
Risiko (OR)
Gestationsdiabetes
2,5–4,0-fach erhöhtes Risiko (2,3)
Präeklampsie und/oder Wachstumsretardierung
3–5-fach erhöhtes Risiko (2,4)
Aborte
1,7 (5)
Fehlbildungen
OR 1,87 für Neuralrohdefekte
OR 1,3 für kardiale Fehlbildungen (6,7)
BMI: 35–40 BMI OR: 1,33 (3)
BMI > 25 + Antenatal mobil OR 1,8
BMI > 25 + Antenatal immobil OR 62,3
BMI > 25 + Postnatal mobil OR 2,4
BMI > 25 + Postnatal immobil OR 40,1 (8)
Übertragung
OR 1,2–1,7
Sectio
BMI > 30: adj RR 1,5
BMI > 35: adj RR 3,1 (10)
Risiko für postpartale Blutung
OR 1,24 (11)
OR 1,63 (12)
Wurde im Rahmen der Erstvorstellung ein vorbestehender Diabetes ausgeschlossen, ist die Durchführung eines 75 g-oGTT mit 24 bis 28 SSW empfohlen. Die Durchführung des 50 g oralen Glukosesuchtestes sollte bei diesen Patientinnen wegen der geringen Sensitivität nicht zur Anwendung kommen. Durch die fehlende Bestimmung des Nüchtern-BZ im 50 g-GCT werden laut Datenlage mehr als 1/3 der Diagnosen übersehen (Benhalima et al. 2015). Der Suchtest dient dem Screening auf ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines GDM. Bei Schwangeren mit Adipositas besteht per se ein Risiko, sie sollten daher primär den diagnostischen oGTT angeboten bekommen. Eine Insulintherapie sollte bei Adipositas eher großzügig indiziert werden.

Präeklampsie und Wachstumsretardierung

Ab einem präkonzeptionellem BMI ≥ 30 kg/m2 ist das Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie um den Faktor 3–5 erhöht. In einer retrospektiven Untersuchung an 1687 Schwangeren entwickelten 7 %, bei vorbestehenden Hypertonus sogar 19 %, der adipöse Schwangeren eine Präeklampsie. Die Wahrscheinlichkeit einer fetalen Wachstumsretardierung lag bei 20 bzw. 27 %. (Seed et al. 2011). Zur Kalkulation des Risikos kann das sog. Präeklampsie-Screening zwischen 11 + 0 und 13 + 6 SSW angeboten werden. Dabei kann auf Grundlage der Anamnese, einer Doppleruntersuchung der Aa. uterinae, der Messung des mittleren arteriellen Blutdrucks sowie der Bestimmung biochemischer Risikomarker (Pregnancy-associated plasma protein A [PAPP-A], placental growth factor [PlGF]) das individuelle Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie bestimmt werden. Liegt dieser Wert > 1:100, wird die Behandlung mit ASS 150 mg täglich zur Prophylaxe empfohlen (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, DGGG – S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen, 2019. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-018l_S2k_Diagnostik_Therapie_hypertensiver_Schwangerschaftserkrankungen). Bei einem BMI > 35 kg/m2 wird jeder Schwangeren ab 11 SSW ASS 150 mg/d empfohlen (AWMF 015/081Adipositas und Schwangerschaft). Wichtig ist, dass die Einnahme von ASS 150 mg vor 16 SSW begonnen wird, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Auch bei Patientinnen nach bariatrischen Eingriffen ist die ASS-Gabe unter gleichzeitiger Gabe eines Magenschutzes möglich, nur Ibuprofen sollte vermieden werden.

Frühgeburt

Maternale Adipositas ist ein Risikofaktor für eine Frühgeburt. Bei einem BMI > 40 kg/m2 ist das Risiko für eine Frühgeburtlichkeit < 32 SSW 2,7-fach erhöht. Dabei wird ein Teil der Frühgeburten elektiv im Rahmen von Schwangerschaftskomplikationen iatrogen herbeigeführt. Anzeichen für eine drohende Frühgeburt und weitere Risikofaktoren sollten bei übergewichtigen Schwangeren besonders überwacht werden.

Besondere Aspekte der fetalen Überwachung

Hinsichtlich des fetalen Monitorings adipöser Schwangerer gelten für alle Trimester Besonderheiten, die eine angepasste fetale Überwachung erfordern.
1. Trimenon
Zu Beginn der Schwangerschaft ergeben sich spezielle Schwierigkeiten der pränatalen Diagnostik bei maternaler Adipositas. Die Frequenz nicht-chromosomal bedingter fetaler Anomalien, wie Neuralrohrdefekten oder fetaler Herzfehler, ist erhöht (Stothard et al. 2009). Gleichzeitig gelten bestimmte physikalische Limitationen der Ultraschalldiagnostik aufgrund der maternalen Adipositas. Der BMI der Schwangeren korreliert mit dem Fettgewebe des Bauches und somit mit der Einschränkung der Bildqualität und Sichtbedingung beim transabdominalen Ultraschall. Somit ergeben sich im Rahmen der Ersttrimesterdiagnostik schlechtere Ergebnisse des Aneuploidiescreenings, der Fehlbildungsdiagnostik sowie der fetalen Echokardiografie bei adipösen Schwangeren. Die Datierung des Schwangerschaftsalters durch Messung der Scheitel-Steiß-Länge, die bei Frauen mit Menstruationsstörungen eine besondere Bedeutung darstellt, ist bei adipösen Frauen ggf. deutlich erschwert. Abhilfe kann in diesen Fällen die transvaginale Sonografie darstellen, die bei adipösen Schwangeren regelhafter durchgeführt werden sollte. Im Rahmen von Screening-Programmen der Aneuploidie, Neuralrohrdefekten und gestörter Plazentation sollte bei biochemischen Analysen bedacht werden, dass die Konzentration biochemischer Marker mit zunehmendem maternalen Gewicht signifikant abnimmt. Es sollte daher eine gewichtsadaptierte Korrektur der MoM (multiple of the median) erfolgen. Hinsichtlich nicht-invasiver pränataler Tests (NIPT) ist die Zirkulation zellfreier fetaler DNA bei ausgeprägter Adipositas durch das erhöhte Verteilungsvolumen eingeschränkt, sodass es zu nicht auswertbaren Ergebnissen kommen kann (Ashoor et al. 2013).
2. Trimenon
Im Rahmen des 2. Screenings gelingt die Darstellung fetaler Strukturen mit zunehmendem BMI immer weniger. Die Wahl eines guten Ultraschallgeräts, der Einsatz von erfahrenen Untersuchern sowie die Verlängerung der Untersuchungszeit sollte bedacht werden. Dennoch sinkt mit Zunahme des maternalen BMIs die Detektionsrate von Fehlbildungen bis zu 20 % im Vergleich zur normal gewichtigen Kontrollgruppe (Best et al. 2012).
3. Trimenon
Späte Schwangerschaftskomplikationen treten bei adipösen Schwangeren deutlich häufiger auf und erfordern eine intensivierte Überwachung. Auch wenn Schwangere mit Adipositas laut aktuell gültiger Fassung der Mutterschaftsrichtlinie als Risikoschwangere gelten, beinhaltet selbige keine klaren Empfehlungen zur Versorgung von adipösen Schwangeren und hierbei insbesondere keine Empfehlung zur Frequenz und Intensität der fetalen Überwachung. Es fehlen bisher Studien, die das Outcome Schwangerer mit Adipositas in Abhängigkeit vom Monitoring im letzten Trimenon untersucht haben. Zur Erkennung einer Abweichung des fetalen Wachstums sind bei adipösen Schwangeren regelmäßige Ultraschallkontrollen sinnvoll. Über den im 3. Trimenon gemäß den MuRiLi mit 28 + 0–31 + 6 SSW vorgeschriebenen Wachstumsultraschall hinaus, sollte bei adipösen Schwangeren eine weitere Ultraschallbiometrie mit 34–36 SSW und in Terminnähe erfolgen. Hierbei kann einerseits eine fetale Wachstumsrestriktion, andererseits auch ein überproportional starkes Wachstum in der Spätschwangerschaft erkannt werden (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, DGGG – S3-Leitlinie Adipositas und Schwangerschaft, 2020. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-081l_S3_Adipositas-Schwangerschaft_2020_06.pdf).
Ergänzend sollte vornehmlich bei adipösen Schwangeren in Terminnähe die Fruchtwassermenge kontrolliert werden. Dies erscheint technisch bei adipösen Schwangeren nach aktueller Studienlage adäquat und reproduzierbar möglich (Blitz et al. 2018). Bei sonomorphologisch diagnostizierter fetaler Wachstumsretardierung ist die Bestimmung der fetalen Dopplerparameter, einschließlich der Bestimmung der cerebroplazentaren Ratio (CPR), empfohlen (Khalil et al. 2017). Wird die Diagnose sonografisch nach abgeschlossenen 38 Schwangerschaftswochen gestellt, sollte eine Geburtseinleitung erwogen werden (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe [DGGG], Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe [OEGGG], Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe [SGGG] – S2k-Leitlinie Intrauterine Wachstumsrestriktion, 2016. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015080l_S2k_Intrauterine_Wachstumsrestriktion_2017_06.pdf, 28.04.2019).
Das fetale Geburtsgewicht korreliert signifikant positiv mit zunehmenden mütterlichem BMI. Durch die erhöhten Raten der Large-for-gestational-age (LGA)-Kinder, ergeben sich erhöhte Risiken für gewichtsassoziierte Geburtskomplikationen, wie Schulterdystokie und Geburtsstillstand. Adipositas per se ist kein unabhängiger Risikofaktor für eine Schulterdystokie, die erhöhte Inzidenz ist bedingt durch Makrosomie und Diabetes als Komorbidität (Vetterlein et al. 2021). Ein Risiko-Score für Schulterdystokie, erhoben und validiert an 15.000 Geburten, berücksichtigt die unabhängigen Risikofaktoren Diabetes, Schätzgewicht > 4250 g und Differenz von Kopf- und Abdominalumfang > 2,5 cm. Bei Vorliegen aller 3 Risikofaktoren beträgt die Inzidenz 25 %, bei einer NNT von 4 Sectiones um eine Schulterdystokie zu vermeiden (Duewel et al. 2022). Gleichzeitig ist die Rate an primär indizierten Schnittentbindungen – bedingt durch eine erhöhte Prävalenz pränatal diagnostizierter fetaler Makrosomien mit Schätzgewichten jenseits von 4500 g – in diesem Kollektiv erhöht. Zudem wird die Anzahl an primären und sekundären Sectiones durch eine erhöhte Rate an frustranen Einleitungen bei Adipositas beeinflusst, während der spontane Geburtsbeginn bei adipösen Frauen häufiger ausbleibt (Arrowsmith et al. 2011). Ein wichtiges Kriterium der sonografischen Wachstumskontrollen im 3. Trimenon stellt daher die frühzeitige Erkennung der fetalen Makrosomie dar. Allerdings lässt die Genauigkeit des Schätzgewichts mit steigendem Gewicht nach, makrosome Kinder werden eher unterschätzt. Der Prozenterror, also die Abweichung des Schätzgewichtes vom tatsächlichen Geburtsgewicht, liegt nach einer Multicenter-Studie von Dittkrist bei einem Gewicht von 4500 bei minus 12 % (Dittkrist et al. 2022). Eine Geburtseinleitung ab einem Schätzgewicht von 4000 g wird in Fachkreisen diskutiert, allerdings ohne publizierte Evidenz zur Verbesserung des fetalen und maternalen Outcomes.
Hinsichtlich einer intensivierten Überwachung von Feten adipöser Mütter mittels CTG liegt keine Evidenz vor. In der aktuellen angloamerikanischen Literatur wird die terminnahe CTG-Überwachung zur Senkung der Totgeburtenraten diskutiert, weshalb auch in der AWMF-Leitlinie eine Überwachung mittels CTG ab 36 SSW empfohlen wird.

Geburtsplanung und -management

Die Planung der Geburt verfolgt das Ziel, einerseits den angestrebten Geburtsmodus mit der Schwangeren zu besprechen, andererseits aber auch den geeigneten Geburtsort festzulegen. Weiterhin sollten individuelle Wünsche und Vorstellungen der Schwangeren mit eventuell noch zusätzlich aufgetretenen Risiken in der Schwangerschaft abgewogen werden. Die Entscheidung über den Entbindungsmodus sollte gemeinsam mit der Frau und dem gesamten interdisziplinären Team nach sorgfältiger Evaluation der individuellen Bedingungen getroffen werden (AWMF 015-081). Im Rahmen der Geburtsplanung sollte bei BMI > 40 kg/m2 oder gravierender Komorbidität eine Anästhesievorstellung erfolgen.

Geburtsmodus

Adipositas per se stellt keine Sectioindikation dar. Sowohl die vaginale Geburt als auch die Sectio haben jedoch spezifische Risiken, über die die Schwangere aufgeklärt werden muss.
Zu den aufklärungspflichtigen Risiken einer geplanten vaginalen Geburt bei Adipositas zählen u. a. eine erhöhte Rate an erforderlichen Geburtseinleitungen, eine verlängerte Geburtsdauer, eine erschwerte fetale Überwachung sub partu, ein erhöhtes Risiko von Schulterdystokien sowie eine vermehrte Schwierigkeit bei der technischen Durchführbarkeit ggf. notwendiger geburtshilflicher und anästhesiologischer Interventionen (wie Periduralanästhesie, Fetalblutanalyse, vaginal operativer Entbindungen sowie ein erhöhtes Risiko sekundärer Sectiones, die ggf. auch unter Zeitdruck erfolgen müssen) (Heslehurst et al. 2008). Die Aufklärungsinhalte bei Geburtsplanung finden sich in Tab. 11.
Tab. 11
Inhalte der Geburtsplanung bei Adipositas
Betreff
Inhalt
Geburtsmodus
Wenn möglich, Spontangeburt anstreben. Über erhöhtes Risiko bei notwendigen Notfalleingriffen sprechen und aufklären. Wichtig ist dabei, eine an die vorhandene Infrastruktur angepasste Vorgehensweise, z. B. Vorhaltung der notwendigen personellen und apparativen Voraussetzungen für 24 h.
Kind
Adaptierte Aufklärung über postnatale Risiken in Abhängigkeit vom Schwangerschaftsverlauf.
Rechtzeitiges Gespräch über die Vorteile des Stillens. Herbeiführung einer Stillberatung bereits vor der Entbindung. Besonders wichtig ist für adipöse Mütter die Aufklärung über die Varianten der Stillpositionen.
Postpartalperiode
Nachsorge in Abhängigkeit von den aufgetretenen Schwangerschaftskomplikationen besprechen.
Bei Gestationsdiabetes Nachsorge und Abklärung eines fortbestehenden Diabetes im Wochenbett durch Terminvergabe zum postpartalen oGTT festigen.
Bedeutung des Gewichtsverlauf nach der Schwangerschaft besprechen.
Die Sectio bei adipösen Schwangeren hat auch spezifische aufklärungspflichtige Risiken durch vermehrte intra- und postoperative Komplikationen. Hierzu zählen u. a. eine erhöhte Rate an Blutungskomplikationen, eine erschwerte Kindsentwicklung, anästhesiologische Probleme, Wundheilungsstörungen sowie thromboembolischer Komplikationen.
In der Abwägung der spezifischen Risiken empfiehlt die aktuelle AWMF-Leitlinie Adipositas und Schwangerschaft, dass die primäre Sectio wegen der erhöhten Komplikationsraten möglichst vermieden werden soll. Auch internationale Leitlinien empfehlen, dass die Entscheidung für oder gegen eine vaginale Entbindung nach individuellen Kriterien getroffen werden soll (Denison et al. 2018).
Dennoch besteht bei maternaler Adipositas eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Sectio und die Adipositas per se stellt einen unabhängigen Risikofaktor einer Sectio dar. In einer Populationsstudie an ca. 24.000 Erstgebährenden ergab sich eine Sectiorate von 14,3 % bei Frauen mit einem BMI < 19,8 kg/m2, bei Frauen mit einem BMI > 35 lag die Sectioquote bei 42,6 %. Eine Auswertung anhand der Hessischen Perinatalerhebung zeigte eine über 50 %ige Sectiorate bei einem maternalen BMI > 35 kg/m2 (Dietz et al. 2005).

Wahl des Geburtsortes

Die geburtshilfliche Betreuung adipöse Schwangerer ist eine Risikokonstellation, die die Anwesenheit erfahrenen Personals sowohl im Bereich der Hebammen als auch des ärztlichen Personals erforderlich macht.
Die Entbindungsklinik muss daher eine Infrastruktur vorhalten können, um jederzeit Mutter und Kind geburtshilflich, anästhesiologisch als auch ggf. neonatologisch durch erfahrene Fachärzte betreuen zu können (Tab. 12).
Tab. 12
Vorhaltempfehlungen für Einrichtungen, die adipöse Schwangere mit einem BMI ≥ 30 kg/m2 betreuen. (Entnommen aus Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe [DGGG], S3-Leitlinie Adipositas und Schwangerschaft, 2020. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-081l_S3_Adipositas-Schwangerschaft_2020_06.pdf)
Ausreichend Bewegungsräume
Belastbare Einrichtung (bis 250 kg): Transport- und Untersuchungsliegen, Entbindungsbetten, Operationstische, Rollstühle etc.
Passendes medizinisches Instrumentarium, z. B. breite Blutdruckmanschetten, extra lange Epidural- und Spinalnadeln, breite Spekula etc.
Angepasster Personalschlüssel zur intensiveren Überwachung
Entsprechende Operationskleidung
Das medizinische Personal sollte in der Betreuung und dem Umgang mit geburtshilflichen Komplikationen von adipösen Frauen sowie in der Handhabung von speziellen technischen Geräten und Einrichtungen regelmäßig geschult werden.
Da diese Kriterien häufig nur durch größere Zentren erfüllt werden können, sollten Schwangere mit einem BMI > 35 kg/m2 und/oder Zustand nach Sectio und angestrebter vaginaler Geburt in einem Perinatalzentrum Level I entbinden, bei einem BMI zwischen 30 und 35 kg/m2 sollte eine individuelle Risikoabwägung zur Empfehlung des Geburtsortes erfolgen.

Geburtseinleitung

Bei fehlenden zusätzlichen Risikofaktoren stellt die Adipositas per se zunächst keine Indikation zu einer frühzeitigen Entbindungsindikation dar (AWMF-Leitlinie 015/081). Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen vaginalen Geburt bei spontanem Wehenbeginn ist größer als nach einer Geburtseinleitung. Aufgrund zusätzlicher bestehender Risikofaktoren weisen adipöse Schwangere jedoch erhöhte Einleitungsraten auf (Wolfe et al. 2011).
Unabhängig von zusätzlichen Risikofaktoren besteht bei adipösen Schwangeren mit einem BMI > 30 kg/m2 ein um das 1,6-fach erhöhtes Risiko eines IUFD bei Terminüberschreitung (Abb. 1). Bei insgesamt geringem absoluten Risiko eines IUFD sollte die Schwangere hierüber aufgeklärt und bei zusätzlichen Risikofaktoren eine Geburtseinleitung ab 39 + 0 SSW angeboten bzw. sorgfältig abgewogen werden (AWMF-Leitlinie 015-081).
Viele Studien beschreiben, dass eine Geburtseinleitung bei adipösen Schwangerschaften assoziiert ist mit erhöhten Dosierungen von Prostaglandinen und Oxytocin sowie einem geringeren Erfolg anderer zervikaler Reifungsmethoden (Pevzner et al. 2009). Ronzoni et al. beschreiben eine erhöhte Rate frustraner Geburtseinleitung von 36,9 % bei adipösen Schwangeren (Ronzoni et al. 2015). Nur in der von Gibbs publizierten Arbeit ging eine geplante Einleitung ab 39 + 0 SSW bei adipösen Nullipara mit weniger Sectiones, weniger mütterlicher Morbidität und weniger Verlegung der Kinder einher als bei exspektativem Vorgehen (Gibbs Pickens et al. 2018).

Besonderheiten sub partu

Die Überwachungsmöglichkeiten für Mutter und Kind sind bei Adipositas eingeschränkt. Da eine sichere fetale Herztonableitung häufig schwierig ist, sollte großzügig eine Skalpelektrode angelegt werden, da eine sichere Unterscheidung zwischen fetalen und maternalen Herztönen gewährleistet werden muss. Ebenfalls sollte eine frühzeitige Information der Anästhesie erfolgen, wenn Frauen mit einem BMI > 40 kg/m2 im Kreißsaal betreut werden. Die Indikation zur Anlage einer PDA sollte frühzeitig erfolgen, ebenso sollte frühzeitig ein intravenöser Zugang angelegt werden.
Sowohl die Eröffnungs- als auch die Austreibungsperiode bei adipösen Frauen sind verlängert (Lim und Mahmood 2015). Da bei einer sekundären Sectio das perioperative Risiko zusätzlich erhöht ist, kann und sollte bei ausreichender fetaler Überwachung und auszuschließendem fetalen Stress eine längere Geburtsdauer mit dem Ziel der vaginalen Geburt toleriert werden (AWMF 015-081).
Liegt ein Geburtsstillstand in der Austrittsphase vor, sollte die Abwägung zur Durchführung einer sekundären Sectio oder zur vaginal operativen Entbindung durch einen Facharzt erfolgen. Insbesondere bei Vorliegen eines LGA-Fetus ergibt sich beim vaginal operativen Vorgehen ein deutlich erhöhtes Risiko einer Schulterdystokie, welches mit dem erhöhten Risiko der sekundären Sectio abgewogen werden sollte. Eine Aufklärung der Patienten über eine solche evtl. im Geburtsverlauf auftretenden Abwägungen sollte bereits im Rahmen der Geburtsplanung schriftlich erfolgen.
Neben dem Risiko der Schulterdystokie steigt auch das Risiko postpartaler Hämorrhagien mit zunehmenden BMI, sodass eine aktive Leitung der Nachgeburtsperiode sowie eine intensive postpartale Kontrolle adipöser Frauen im Kreißsaal erfolgen sollte (Martin et al. 2015).

Anästhesiologische Aspekte bei Adipositas in der Schwangerschaft

Allgemeine Aspekte
Sowohl die Adipositas selbst mit den aus ihr resultierenden physiologischen Besonderheiten als auch typische Komorbiditäten und Schwangerschaftskomplikationen stellen eine Herausforderung für geburtshilflich tätige Anästhesisten dar. Praktische Tätigkeiten, wie die Etablierung eines intravenösen Zuganges, die Anlage einer Spinal- oder Epiduralanästhesie oder die endotracheale Intubation, können bei deutlich erschwert sein. Oft sind spezielle Instrumentarien und Hilfsmittel, wie besonders breite Blutdruckmanschetten, überlange Spinal- oder Touhynadeln oder spezielles Equipment, für die endotracheale Intubation erforderlich. Die erhöhten Inzidenzen von für das Gestationsalter zu großen Kindern, von erschwerten Kindsentwicklungen und Schulterdystokien unterstreichen die Notwendigkeit einer suffizienten Analgesie sub partu. Der häufige Zusammenhang mit obstruktiven Schlafapnoestörungen stellt besondere Anforderungen an die Überwachung nach einer Allgemeinanästhesie. Präeklampsie und peripartale Blutungen als typische geburtshilfliche Komplikationen erfordern neben einer großen fachlichen Expertise und speziellen logistischen Voraussetzungen vor allem auch eine reibungslose Zusammenarbeit aller beteiligten Berufsgruppen.
Interdisziplinäre Planung
Da bei der Betreuung adipöser Schwangerer häufig von etablierten Routinen abgewichen werden muss und dies unter den oftmals unwägbaren Bedingungen einer Geburt besonders risikobehaftet ist, kommt neben der Verfügbarkeit von technischen Hilfsmitteln und ggf. intensivierten Überwachungsmöglichkeiten für Mutter und Kind der interdisziplinären Planung des geburtshilflichen Vorgehens besondere Bedeutung zu. Dabei sollte der Anästhesist gemäß den aktuellen Leitlinien frühzeitig, d. h. bereits nach Vorstellung der Patientin in der geburtshilflichen Klinik in die Planung mit einbezogen werden (AWMF-LL 001-038 und 015/081). Neben einer ausführlichen Anamneseerhebung und fokussierten körperlichen Untersuchung bleibt so ausreichend Zeit für das Einholen ggf. notwendiger zusätzlicher Informationen bzw. die Durchführung spezieller Untersuchungen. Das geplante Vorgehen kann in ruhiger Atmosphäre sowohl interdisziplinär und -professionell als auch mit der Patientin besprochen werden. Selbst für einen vorzeitigen Geburtsbeginn kann eine weitgehende Planungssicherheit erreicht werden.
Vorgehen sub partu
Sobald eine adipöse Patientin mit BMI > 40 kg/m2 zur Geburt in den Kreißsaal aufgenommen wurde, sollte unmittelbar der Anästhesist benachrichtigt werden (AWMF-LL 001-038, AWMF-Leitlinie 015-081), optimalerweise ist bereits präpartal eine Vorstellung erfolgt.
Wegen der potenziellen technischen Schwierigkeiten ist es dringend zu empfehlen, bei Frauen mit Adipositas frühzeitig während des Geburtsprozesses einen sicheren intravenösen Zugang zu etablieren (AWMF-Leitlinie 015-081. Insbesondere bei erhöhtem Risiko für eine sekundäre Sectio und/oder bei zusätzlichen Risikofaktoren für eine verstärkte peripartale Blutung ist unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten für weitere Punktionen die frühzeitige Anlage einer 2. intravenösen Kanüle, ggf. unter Zuhilfenahme eines Ultraschalls, empfehlenswert. Für die Blutdruckmessung bei adipösen Patientinnen muss eine Manschette passender Größe verwendet und bei nicht-zuverlässiger nicht-invasiver Blutdruckmessung im Notfall eine invasive Messung erwogen werden (AWMF-LL 001-038, AWMF-Leitlinie 015-081).
Rückenmarksnahe Analgesie- und Anästhesieverfahren
Rückenmarksnahe Analgesie- und Anästhesieverfahren spielen bei der peripartalen Betreuung adipöser Schwangerer eine wichtige Rolle. Die Katheter-gestützte Periduralanalgesie stellt auch bei dieser Patientinnengruppe den Goldstandard zur Schmerztherapie unter der Geburt dar, der wegen der erhöhten Inzidenz an erschwerten Kindsentwicklungen und vor allem Schulterdystokien eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Intravenöse Gaben von Opioiden, die insbesondere bei Patientinnen mit zusätzlich bestehendem Schlafapnoesyndrom (vor allem in den Wehenpausen) zu einer relevanten Atemdepression führen können, können so vermieden werden. Es ist sinnvoll, bei diesen Patientinnen möglichst frühzeitig im Geburtsverlauf, u. U. schon vor Beginn einer regelmäßigen Wehentätigkeit, einen Periduralkatheter zu etablieren und diesen bei unzuverlässiger Wirkung, Einseitigkeit oder sekundärer Dislokation schnellstmöglich neu anzulegen (AWMF-LL 001-038). Insbesondere für Patientinnen mit einer schweren Adipositas (BMI > 40 kg/m2) wird die frühzeitige Anlage ausdrücklich empfohlen (AWMF-Leitlinie 015-081). So kann etwa bei sekundär notwendiger Sectio caesarea in den meisten Fällen ohne größeren Zeitverzug eine ausreichende Anästhesie ohne zeitraubende Neuanlage erreicht und eine Allgemeinanästhesie vermieden werden (siehe Kap. „Geburtshilfliche Anästhesie“).
Die Anlage eines Periduralkatheters bzw. die Durchführung einer Spinalanästhesie sind oftmals deutlich erschwert. Insbesondere kann es, wenn die Dornfortsätze nicht palpabel sind, schwierig sein, eine effiziente Punktionsstelle in der angestrebten Höhe zu identifizieren. Hierfür kann eine orientierende sonografische Untersuchung ebenso hilfreich sein, wie für eine Abschätzung der zu erwartenden Punktionstiefe. Allerdings ist die Durchführung einer Ultraschalluntersuchung gerade im Bereich der Wirbelsäule bei Adipösen erschwert und setzt einige Übung voraus. Extra lange Punktionsnadeln sind auch bei Adipösen nur gelegentlich erforderlich, sollten aber routinemäßig vorgehalten werden. Das erniedrigte Liquorvolumen, die wegen des eingeschränkten Abflusses über die untere Hohlvene vermehrt gefüllten epiduralen Venen und das vermehrte peridurale Fett führen dazu, dass der bei Schwangeren per se erhöhte Druck im Periduralraum bei bestehender Adipositas noch weiter erhöht wird und sich rückenmarksnah applizierte Medikamente dadurch verstärkt nach kranial ausbreiten. Um eine inadäquat hohe Blockade zu vermeiden, liegt es nahe, niedrigere Lokalanästhetikadosierungen bei Peridural- und Spinalanästhesien einzusetzen. Allerdings fand sich in systematischen Untersuchungen kein Unterschied bezüglich der benötigten Dosis zwischen adipösen und nicht-adipösen Patientinnen. Im Gegenteil zeigten sich bei einigen adipösen Schwangeren Hinweise auf eine zu geringe Anästhesiewirkung bei einer Dosisreduktion (Carvalho et al. 2011). In Anbetracht dieser kontrovers geführten Diskussion erscheint eine Medikamententitration, wie sie über einen Periduralkatheter möglich ist, bei dieser Patientinnengruppe besonders vorteilhaft.
Bei der Planung rückenmarksnaher Analgesie- und Anästhesieverfahren muss bedacht werden, dass adipöse Patientinnen gemäß aktueller Empfehlungen bis 34–36 SSW häufig Acetylsalicylsäure (ASS = Aspirin) in einer Dosis von 150 mg/d zur Prävention einer schweren früh auftretenden Präeklampsie einnehmen (s. o.). Gleichwohl wird wegen der insgesamt geringen Inzidenz spinaler Pathologien bei geburtshilflichen Patientinnen, der hohen Compliance des Epiduralraumes sowie der schwangerschaftsinduzierten Hyperkoagulabilität das Risiko für die Entstehung spinaler epiduraler Hämatome nach neuroaxialen Blockaden insgesamt als gering eingeschätzt (Moen et al. 2004). Es konnte darüber hinaus bisher in klinischen Studien kein relevanter Unterschied der plättchenfunktionshemmenden Wirkung von ASS in einer Dosis zwischen 100 und 150 mg/d belegt werden. In der entsprechenden Leitlinie (AWMF-Leitlinie 001-005) wird daher postuliert:
„Nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung kann bei geburtshilflichen Patientinnen auch unter ASS (Monotherapie) in einer Dosierung von 150 mg/d ein rückenmarksnahes Regionalanästhesieverfahren durchgeführt werden. Erhält die Patientin zusätzlich niedermolekulares Heparin als Komedikation, sollte das Zeitintervall der Pausierung des NMH mindestens 36–42 h (prophylaktisch) respektive 48 h (therapeutisch) betragen und zusätzlich eine Anti-FXa-Spiegel-Bestimmung mit < 0,1 E/ml vorliegen.“
Vorgehen bei der Sectio
Lagerung zur Sectio
Unabhängig vom Anästhesieverfahren stellt die Lagerung der Patientinnen zum Kaiserschnitt eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Wegen des erhöhten Risikos für Gewebe- und Nervenschädigungen müssen potenzielle Druckpunkte besonders sorgfältig beachtet werden. Der Operationstisch muss ausreichend belastbar sein und es muss genügend Personal für die Lagerungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Eine Kranialverlagerung des Panniculus abdominalis zur Verbesserung der Operationsbedingungen kann u. U. zu maternaler Hypotension und Hypoventilation sowie fetaler Kompromittierung führen.
Allgemeinanästhesie zur Sectio
Bei Durchführung einer Allgemeinanästhesie muss bedacht werden, dass per se bestehende schwangerschaftsspezifische Veränderungen und Risiken wie Ödeme der oberen Atemwege, ein erhöhtes Aspirationsrisiko, ein „Supine Hypotension Syndrome“, also eine in Rückenlage auftretende Hypotonie, und erschwerte Intubationsbedingungen durch eine Adipositas noch aggraviert werden können (AWMF-LL 001-038). Perimandibuläres und nuchales Fett können Mundöffnung und Reklinierbarkeit des Kopfes erheblich einschränken, sodass sowohl Maskenbeatmung als auch Intubation bei Adipösen deutlich schwieriger als bei Normalgewichtigen sein können (Cullen und Ferguson 2012). Gleichzeitig führen der erhöhte intraabdominelle Druck und die dadurch erniedrigte Compliance zu einer Verminderung von funktioneller Residualkapazität und respiratorischem Reservevolumen, sodass mit einer besonders schnellen Desaturierung gerechnet werden muss. Intraoperativ ist durch den erhöhten abdominellen Druck und die große Körpermasse meist eine invasive Beatmung mit hohen Spitzendrücken und PEEP-Werten notwendig. Neben einer sorgfältigen Planung (insbesondere der Narkoseeinleitung) mit genauer Absprache im Team, Festlegung von alternativen Vorgehensweisen und Bereitstellung der erforderlichen Hilfsmittel ist eine ausreichende Präoxygenierung für die Vermeidung einer Hypoxämie besonders wichtig (AWMF-LL 001-038).
Durch die Anwendung einer sog. „ramp position“ kann die Intubation deutlich erleichtert werden. Dabei wird der Oberkörper der Patientin durch eine gezielte Einstellung des OP-Tisches, mithilfe von gefalteten Decken oder speziellen Kissen so gelagert, dass sich Jugulum und äußerer Gehörgang auf einer imaginären horizontalen Linie befinden (Brodsky et al. 2003).
Um eine zu flache Anästhesie mit dem erhöhten Risiko für Awareness, zusätzlich erschwerte Intubationsbedingungen und hypertensive Entgleisungen einerseits und das Risiko einer fetalen Kompromittierung andererseits zu vermeiden, muss die Dosierung von Medikamenten zur Narkoseeinleitung und -aufrechterhaltung sorgfältig bedacht werden. Insbesondere wegen der veränderten Verteilungsvolumina ist gegenüber nicht-adipösen Schwangeren von einem veränderten Bedarf auszugehen. Die Datenlage ist jedoch für die korrekte Medikamentendosierung insgesamt gering (Hussain et al. 2018) und für die spezielle Gruppe der adipösen Schwangeren nahezu nicht vorhanden. Es liegt nahe und wird von der aktuellen Leitlinie zur geburtshilflichen Anästhesie auch empfohlen, bei Medikamenten, die sich wie z. B. Propofol gleichermaßen im Fett- und fettfreien Gewebe verteilen, das totale Körpergewicht („total body weight“ = TBW) und bei Medikamenten, die sich nicht im Fettgewebe verteilen (z. B. Muskelrelaxantien), das ideale Körpergewicht („ideal body weight“  = IBW) bei der Dosierung zugrunde zu legen (AWMF-LL 001-038).
Alle genannten Planungen, Vorbereitungen und Überlegungen zur möglichst sicheren Durchführung einer Allgemeinanästhesie können bei Zeitverzug naturgemäß nur eingeschränkt durchgeführt werden. Umso wichtiger erscheint es, gerade in diesen Fällen eine Allgemeinanästhesie möglichst zu vermeiden. Dies kann z. B. durch die rechtzeitige Etablierung eines suffizient funktionierenden Periduralkatheters geschehen, über den bei geeigneter Medikamentenauswahl auch unter Beachtung der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen innerhalb von 10–15 min ein für die Sectio ausreichendes Anästhesieniveau erreicht werden kann.
Postoperative Versorgung – Analgesie und Überwachung
Aufgrund des erhöhten pulmonalen und thromboembolischen Risikos profitieren adipöse Patientinnen besonders von einer frühen und konsequenten Mobilisation. Wichtig ist daher eine suffiziente multimodale postoperative Schmerztherapie (siehe entsprechendes Kapitel). Dabei muss beachtet werden, dass insbesondere die Kombination aus Adipositas, Schlafapnoe und Opioidgabe zu einem erhöhten Risiko für Atemdepressionen führt. Es ist daher vorteilhaft, neben einem fest angesetzten nicht-steroidales Antiphlogistikum (NSAID), z. B. Ibuprofen, p. o. ein regionales Verfahren gegenüber dem Einsatz von Opioiden zu bevorzugen. Möglicherweise kann ein Transverse-abdominis-plane (TAP)-Block eine Therapieoption für diese Patientinnen sein, problematisch sind allerdings die damit verbundenen hohen, potenziell neurotoxischen LA-Plasmaspiegel mit einem Peak nach 30 min über mehrere Stunden. Idealerweise wird die Schmerztherapie von einem spezialisierten Arzt bzw. einem Akutschmerzdienst koordiniert. Keinesfalls sollte die Angst vor Nebenwirkungen zu einer ungenügenden Schmerztherapie führen. Gegebenenfalls muss im Einzelfall eine verlängerte intensivierte Überwachung in Kauf genommen werden.
Bedeutsame geburtshilfliche Komorbiditäten
Eine Adipositas stellt einen bedeutenden Risikofaktor sowohl für das Auftreten einer Schulterdystokie als auch einer Präeklampsie oder einer peripartalen Blutung dar. Dass jede dieser Konstellationen zu einem nochmals deutlich erhöhten Risiko für Mutter und Kind führt, unterstreicht die Notwendigkeit des frühen Einbeziehens des Anästhesisten in die Geburtsplanung und peripartale Betreuung.
Ein korrekt liegender Periduralkatheter kann mit einer suffizienten Wirkung die Erfolgsaussichten spezieller geburtshilflicher Maßnahmen im Fall einer Schulterdystokie verbessern oder bei größerer Invasivität überhaupt erst möglich machen.
Bei bestehender Präeklampsie müssen vor allem bei Durchführung einer Sectio-Anästhesie zusätzliche Organbeteiligungen beachtet werden. Gegebenenfalls sind weitere Maßnahmen in Bezug auf präoperative Diagnostik und perioperative Überwachung notwendig (siehe entsprechendes Kapitel). Auch hier sind rückenmarksnahe Verfahren vorteilhaft gegenüber einer Allgemeinanästhesie, da sie mit einem signifikant geringeren Blutverlust und einer seltenen notwendigen Gabe von Blutprodukten einhergehen. Allerdings muss eine mögliche Beeinträchtigung der Gerinnung bedacht werden. In diesem Kontext ist neben der absoluten Thrombozytenzahl insbesondere deren Dynamik von entscheidender Bedeutung (AWMF-LL 001-038). Sollte im Ausnahmefall eine Allgemeinanästhesie unumgänglich sein, muss neben den beschriebenen Risiken für Intubation und Beatmung besonders darauf geachtet werden, stabile Kreislaufverhältnisse herzustellen bzw. zu erhalten. Vor allem müssen Blutdruckspitzen während der Einleitung verhindert werden, z. B. durch die Applikation von Remifentanil in einer Dosierung von 1 μg/kg KG unmittelbar der Gabe des Hypnotikums.
Wegen der Gefahr eines verstärkten Blutverlustes sowohl nach vaginaler Geburt als auch nach Sectio sollten entsprechende personelle, medikamentöse, gerätetechnische und logistische Ressourcen in Anpassung an die strukturellen Voraussetzungen einer jeden Klinik geplant und bereitgestellt werden (siehe Kap. „PPH“).
Insgesamt kann den Herausforderungen, die die Betreuung dieser speziellen Patientinnengruppe mit sich bringt, nur durch sorgfältige interdisziplinäre Planung, genaue Absprachen und regelmäßige Team-Trainings begegnet werden.

Prävention und Nachsorge

Ein wichtiger Aspekt in der postpartalen Betreuung ist die verständnisvoll unterstützende Motivation zum Stillen. Übergewichtige Frauen stillen nachweislich seltener und kürzer, obwohl sie selbst genau wie ihre Kinder lebenslang in besonderer Weise profitieren würden. Die Stillberatung sollte daher schon während der Schwangerschaft erfolgen und einen hohen Stellenwert in der Nachsorge einnehmen.

Zusammenfassung

In der interdisziplinären Betreuung adipöser Schwangerer ergeben sich prä-, peri- und postpartale Herausforderungen. Diese sind in der Tab. 13 nochmals zusammengefasst.
Tab. 13
Betreuung von Schwangeren mit Adipositas
1. Trimenon
• Beratung über spezifische Risiken und Maßnahmen
• Labordiagnostik: Screening auf Diabetes mittels Nü-BZ und/oder HbA1c und ggf. Überprüfung der ausreichenden Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen, obligat bei Z. n. bariatrischer Operation
• Information über empfohlene Gewichtszunahme, Ernährungsberatung und Aktivitätssteigerung (Bewegungstherapie erwägen)
Vitamin D (10 μg täglich) und Folsäure (0,4 mg/die5), bei Z. n. bariatrischer Operation 0,8 mg/die.
• Bestimmung des Präeklampsierisikos. Bei Risiko oder BMI > 35 kg/m2 Beginn mit ASS 150 mg/d.
• US: wiederholte Bestimmung des Gestationsalter wegen unregelmäßiger Zyklen bei Adipositas
• US: wiederholte Vitalitätsüberprüfung (Abortrisiko)
2. und 3. Trimenon
• Bei Risiko Thromboseprophylaxe im 2. und 3. Trimenon
• Regelmäßige (bei jeder Vorsorge) maternale Gewichtskontrolle (Feedback geben)
• Ausschluss fetaler Fehlbildungen auf Level Degum II
• Monitoring für Makrosomie und intrauterine Wachstumsretardierung
• Monitoring der Mutter hinsichtlich Hypertonie, Präeklampsie
• 75 g-oGTT mit 24 bis 28 SSW, falls Testung im 1. Trimenon unauffällig
• Selbstmonitoring Kindsbewegungen ggf. wiederholt CTG-Kontrollen, ab 36 SSW wöchentlich
• Stillberatung durch Laktationsberaterin (zu präpartaler Kolostrumgewinnung motivieren)
• Rechtzeitige Vorstellung in der Geburtsklinik; Anästhesie ab BMI > = 40 kg/m2 oder Komorbiditäten (spätestens mit 36 SSW)
Peripartale Maßnahmen
• Frühzeitige Geburtsplanung
• Gewichtsgrenzen der Entbindungsbetten und OP-Tische präpartal abklären
• Information über Anwesenheit der Patientin an alle beteiligten Abteilungen, insbesondere der Anästhesie bei Patientinnen mit einem BMI > 40 und Komorbiditäten
• Kontinuierliche CTG-Überwachung, ggf. durch eine interne Ableitung per Kopfschwartenelektrode
• Frühzeitige PDA-Anlage
• Immer i.v.-Zugang bei Aufnahme in der Kreißsaal
• Ggf. Einsatz des perinealen US während der Entbindung zur Beurteilung des Geburtsfortschritts
• Aktive Leitung der Nachgeburtsperiode
• Adaptierte Thrombose- und Antibiotikaprophylaxe
• Variationen der Geburtsposition
• Es wird jedoch empfohlen bei adipösen Patientinnen eine verlängerte Austreibungsperiode zu akzeptieren. Es kann so eine Reduktion der Rate an sekundären Sectiones erreicht werden
• Subkutane Naht bei Sectio
• Großzügige Einbringung subkutaner Drainagen
Postpartale Maßnahmen
• Frühes Anlegen fördern und Hypoglykämieüberwachung beim Kind
• Intensivierte Stillberatung im Wochenbett
• Hohes Risiko für Wundheilungsstörungen: ggf. großzügig Antibiotikagabe erwägen, Wundpflege überwachen
• Risikoadaptierte Thromboseprophylaxe
• Aufklärung über gesundheitliche Risiken und präventive Maßnahmen
• Motivation zum Beibehalten von neu erlernten Ess- und Bewegungsgewohnheiten
• Ggf. Anbindung an Adipositaszentren
Nachsorge
• Gewichtskontrollen (z. B. zur jährlichen Vorsorge)
• Jährliche Kontrollen auf Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen
• Miteinbeziehung der Kinderärzte und Kontrolle der kindlichen Gewichtsverläufe – frühzeitig Ernährungsberatung bei Auffälligkeiten
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