Schwere geburtshilfliche Notfälle sind seltene sporadische Ereignisse, unsere Erfahrungen damit sind daher limitiert. Die Idee eines multiprofessionellen geburtshilflichen Notfalltrainings ist nicht neu. Dieses wird seit Längerem von nationalen Fachgesellschaften empfohlen, da es sinnvoll ist, ein solches Training durchzuführen, die Ausbildungszeit der Assistenzärzte zurückgegangen ist und erkannt wurde, dass das Training verbessert werden muss. Das Konzept „see one, do one, teach one“ erfüllt nicht die spezifischen Anforderungen des geburtshilflichen Notfalltrainings. Zudem haben die „Confidential Enquiries into Maternal Deaths in the UK“ in der Mehrheit der Fälle eine „substandard care“ für mütterliche Todesfälle aufzeigen können.
Der MBRRACE-UK-Report von 2009–2012 berichtete über 83 Frauen, die an
Sepsis verstorben waren. Davon starben 20 an mit dem Genitaltrakt assoziierten Infektionen, 63 jedoch an nicht mit Schwangerschaft assoziierter
Sepsis. Hierbei spielte
Influenza mit 36 mütterlichen Todesfällen die H1N1 Influenza Pandemie 2009–2010 eine wichtige Rolle. Weitere Ursachen waren
Meningitis,
Pneumonie, Infektionen des Urogenitaltrakts und Brustabszesse.
Der MBRRACE-UK-Report von 2018 hob hervor, dass die meisten im Jahre 2017 gestorbenen Frauen multiple Gesundheitsprobleme oder Risikofaktoren aufwiesen.
Der jüngste MBRRACE-UK-Report wies darauf hin, wie wichtig regelmäßige klinische Untersuchungen dafür sind, eine frühe Dekompensation im Rahmen einer
Sepsis zu erkennen. Vitalzeichen sollten zusätzlich bei niedergelassenen Frauenärzten und Hebammen erhoben werden, damit Schwangere bei abnormalen Befunden rasch eingewiesen werden können. Die Befunde sollten in einem geburtshilflichen Frühwarn-Score eingetragen werden (MOEWS Chart
), der es dem Team erleichtert, die richtigen klinischen Maßnahmen zu ergreifen.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Frage, wie eine multiprofessionelle Kultur in einer Abteilung für Geburtshilfe eingebettet und verankert werden kann.
Kommunikation und Teamwork
Was ist eigentlich die Bedeutung des Wortes „Kommunikation“? Unsere Fähigkeit zu kommunizieren nimmt unter Stress ab. Daher ist es wichtig, gute Methoden der Kommunikation zu lernen. Die Weitergabe von Information und das Teilen des Inhaltes stellen kritisch wichtige Komponenten der Entscheidungsfindung dar.
Unsere Fähigkeit, mehrere Informationsinhalte gleichzeitig zu verarbeiten, ist auf maximal 7 begrenzt (Miller’sche Zahl
) (Cowan
2015). Daher müssen Informationen dem Team wiederholt mitgeteilt werden. Dies betrifft Diagnosen, Managementkonzepte und die Priorisierung von Maßnahmen. Kommunikation kann z. B. durch direktes Ansprechen der Teammitglieder mit Namen und Rückmeldung verbessert werden („closed loop communication“
).
„Teamwork“ bedeutet, dass Personen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen Fachdisziplinen kooperativ und respektvoll zusammenarbeiten, um die gleichen Ziele zu erreichen. Personengruppen, deren Individuen nur ihren eigenen individuellen Output priorisieren, arbeiten nicht als Team. Beim Teamwork wird der Fokus auf die Performance des gesamten Teams und das Erreichen der gemeinsamen Ziele gelegt. Warum also ist Teamwork wichtig?
Teamwork ist für die Gesundheitsversorgung von elementarer Bedeutung, insbesondere in einer geburtshilflichen Notfallsituation. Ohne das Miteinander können wir nicht effektiv arbeiten. Die kritischen Elemente des Teamworking sind
Kommunikation,
Rollen und
Verantwortlichkeiten sowie das
Situationsbewusstsein. Letztlich verbessern sich so die Crisis Resource Management
Skills (CRM) (Bogne Kamdem et al.
2021). Diese Themen wiederholen sich während des Kurses in Vorlesungen, Aktivitäten und Übungen.
Es liegt zwischenzeitlich umfassende Evidenz dafür vor, das gemeinsame Training in multiprofessionellen Teams zu unterstützen:
In einer geburtshilflichen Notfallsituation sollte ein Team-Leader eine Vogelperspektive einnehmen, um den Überblick zurückzugewinnen:
-
Stop – erkläre den Notfall, tritt einen Schritt zurück.
-
Kommuniziere – bitte für einen Moment um Ruhe, damit zugehört werden kann.
-
Plane.
-
Priorisiere – konzentriere dich auf das Wichtigste.
-
Delegiere – achte auf Teammitglieder, die nicht gut mitmachen.
Das Situationsbewusstsein ermöglicht Individuen, „ahead of the game“ zu sein.
Einer der wichtigsten allgemeinen Aspekte des PROMPT-Trainings ist der positive Einfluss auf die Teamarbeit und das Klima zwischen den Kollegen. Klinische Fähigkeiten, Kenntnisse und die Umsetzung von Konzepten der Patientenversorgung gelten als die offensichtlichsten Ziele einer effektiven Ausbildung (McGaghie et al.
2011). Die Auswirkungen auf die soziale Kompetenz
und das Teamklima
sind jedoch wahrscheinlich ebenso wichtig. Erwartungsgemäß (Siassakos et al.
2009, 2011) führen suboptimale Teamarbeit (Siassakos et al. 2011), mangelnde Führung und unzureichende Kommunikation zu einem unzureichenden klinischen Ergebnis.
Eines der Grundprinzipien von PROMPT ist: „Those who work together should train together“. Eine retrospektive Analyse nach der Einführung von PROMPT (Van der Nelson et al.
2014) zeigte eine statistisch signifikante Verbesserung der Antworten zur Sicherheitskultur auf den Stationen. Das Teamarbeitsklima und die Arbeitszufriedenheit (Siassakos et al.
2010) verbesserten sich nach der Schulung ebenfalls.
In einer Übersichtsanalyse von Bristowe et al.
2012 wurden die geschulten Teams nach Faktoren gefragt, die die Teamarbeit bei klinischen Notfällen beeinflussen, und nach wünschenswerten Teamfähigkeiten, die jedoch während der Ausbildung oder der Entwicklung des Einzelnen oder des Teams weitgehend gefehlt hatten.
Klare Führung, Kommunikation und patientenorientierte Betreuung wurden von der Mehrheit der Teilnehmer als wichtig erachtet.
Gute Führung bedeutet, kritische Informationen zu kommunizieren, Aufgaben zu delegieren oder sich während des Notfalls auf den Patienten zu fokussieren.
Cornthwaite et al. beschrieben Eigenschaften, die eine gute Führungsperson ausmachen (Cornthwaite et al.
2013). Führung wird am besten von einer Person wahrgenommen, die die größte Erfahrung im Umgang mit dem Notfall hat. Die Situation kann effektiver gemanagt werden, wenn die Führungsperson alle Mitglieder des multiprofessionellen Teams und ihre relevanten Rollen kennt, bevor der Notfall eintritt. Zudem sollte die Führungsperson wissenschaftliche Kenntnisse besitzen, Kenntnisse über die Fähigkeiten der einzelnen Teammitglieder haben, den Notfall erkennen können, das Gesamtbild im Auge haben und Aufgaben angemessen delegieren können („closed loop communication“).
Dieses Konzept wird durch das PROMPT-Training in die Praxis umgesetzt, z. B. in einer verbesserten Gesundheitsversorgung
der Mütter (CEMACH- und MBBRACE-UK-eport). Dies führte zu einer Senkung der
Müttersterblichkeit von 11 (2006–2008) auf 10 (2010–2012) (Knight et al.
2014) bzw. auf 8,5 (2012–2014) (Freedman und Lucas
2016) pro 100.000 Schwangerschaften.
Inhalt des Trainings/der Module
Die Evidenz deutete darauf hin, dass ein jährliches multiprofessionelles geburtshilfliches Teamtraining erforderlich ist. Darüber hinaus ist die jährliche Anwesenheit von mindestens 90 % der Mitarbeiter (Hebammen, Geburtshelfer, Kinderärzte, Anästhesisten und OP- und Anästhesie-Pfleger) für die anhaltende Wirksamkeit von PROMPT obligatorisch (Train 100 % of staff,
PROMPT Maternity Foundation).
Die Betreuung der Mütter und Babys erfolgt durch drei Fachdisziplinen, jede bestehend aus mehreren Berufen: Geburtshelfer und Hebammen, Neonatologen und Kinderkrankenschwestern, Anästhesisten und Anästhesiekrankenschwestern sowie OP-Schwestern.
Das Gesamtkonzept des PROMPT-Trainings besteht, wie in dem Kurs-Handbuch
beschrieben, aus derzeit 14 verschiedenen Modulen:
2.
Basic Life Support und mütterlicher Kollaps
3.
Mütterlicher Herzstillstand und Advanced Life Support
4.
Mütterliche anästhesiologische Notfälle
5.
Fetales Monitoring unter der Geburt
8.
Schwere geburtshilfliche Blutung
11.
Vaginale Beckenendlagegeburt
14.
Basic Neugeborenenreanimation
Teamworking
Der ideale Teamleader ist primär am Erfolg des Teams, nicht an seinem eigenen Erfolg interessiert. Er ist kompetent, koordiniert und motiviert das Team, setzt klare Ziele, kommuniziert klar und einfach, delegiert Aufgaben angemessen, respektiert die Expertise der Teammitglieder, ist willens, zuzuhören, und ist offen für Kritik, schaut voraus und plant voraus.
Der ideale Teamplayer hat eine klare Rolle, über die Konsens besteht, ist anpassungsfähig, kommuniziert klar, verhält sich unterstützend gegenüber den übrigen Teammitgliedern, fühlt sich sicher genug, um eine Meinung zu äußern („to speak up“), gibt Feedback und Informationen an den Rest des Teams weiter und überprüft die eigene Leistung objektiv.
Erfolgreiche Teams benennen das Problem/erklären den Notfall frühzeitiger, managen die Aufgabe durch Closed-loop-Kommunikation, beginnen die Behandlung schneller, in solchen Teams verlassen weniger Mitglieder den Raum und sie kommunizieren mithilfe von strukturierter Kommunikation im SBAR-Stil (
Situation-
Background-
Assessment-
Recommendation) (Siassakos et al.
2011c).
Das Training in multiprofessionellen Teams ist gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
-
Das Training wird inhouse durchgeführt.
-
100 % der Mitarbeiter der Geburtshilfe werden regelmäßig trainiert.
-
Alle Mitarbeiter der Geburtshilfe werden gemeinsam trainiert.
-
Prinzipien des Teamworkings werden in klinische Szenarien inkorporiert.
-
Systemveränderungen werden eingeführt, oft Vorschlägen von Mitarbeitern folgend, nachdem sie am Training teilgenommen haben.
Basic Life Support und mütterlicher Kollaps
Das Spektrum des mütterlichen Kollapses reicht von einem isolierten und vorübergehenden Abfall des Blutdrucks bis zu Herzstillstand und Tod.
Es ist absolut imperativ, dass alle Mitarbeiter des Gesundheitssystems basale Reanimationsmaßnahmen durchführen können.
Der CMACE
-Bericht (Centre for Maternal and Child Enquiries) empfiehlt, dass alle klinischen Berufsgruppen regelmäßig Training erhalten, um basale, intermediäre und fortgeschrittene Fähigkeiten der Reanimation zu beherrschen (Wilkinson et al.
2011).
Mütterlicher Herzstillstand und Advanced Life Support
Die möglichen geburtshilflichen und anästhesiologischen Gründe eines Herzstillstands in der Schwangerschaft und nach der Geburt sind u. a. Hämorrhagie, Präeklampsie/
Eklampsie,
Lungenembolie, Fruchtwasserembolie,
Sepsis, totale
Spinalanästhesie, Lokalanästhetika-Toxizität und Magnesiumüberdosierung. Das Ziel dieses Moduls ist es, Mitarbeitern der Geburtshilfe einen initialen Überblick des Advanced Life Supports bei Schwangeren zu geben und durch Algorithmen das Management zu verbessern (Resuscitation Council UK
2021).
Mütterliche anästhesiologische Notfälle
Die Rolle der Anästhesisten in dem multidisziplinären Team ist sehr wichtig. Ihre spezifischen Fähigkeiten werden häufig in Situationen mit hohem Stresslevel benötigt, wenn der Zeitfaktor kritisch ist und das Leben der Mutter oder des Ungeborenen in Gefahr ist. Unter diesen Umständen kann die Hilfe des gesamten Teams der Geburtshilfe unschätzbar sein. Im CMACE-Bericht von 2006–2008 hatten 50 % der peripartal gestorbenen Frauen eine Anästhesie erhalten (Wilkinson et al.
2011). Das Ziel dieses Moduls ist es, die Teammitglieder mit den folgenden Situationen vertraut zu machen:
-
die Schwierigkeiten der Intubation der geburtshilflichen Patientin zu verstehen,
-
das Management der misslungenen Intubation zu verstehen,
-
die hohe regionale Blockade zu erkennen und zu bewältigen,
-
die Zeichen und Symptome der Lokalanästhetika-Intoxikation zu erkennen,
-
das Management des Herzstillstands einer Patientin mit Lokalanästhetika-Intoxikation zu kennen.
Fetales Monitoring unter der Geburt
Eine suboptimale CTG-Interpretation oder eine unzureichende intermittierende Auskultation kann zu schweren Schäden des Kindes führen (Asphyxie und Tod) (Rosser
1998). Die Studien von Draycott et al. (
2006) haben gezeigt, dass das Training der Fähigkeiten der CTG-Interpretation und ein verbessertes Management der Geburt das neonatale Outcome verbessert (Draycott et al.
2006; Shoushtarian et al.
2014; Weiner et al.
2016). Zudem berichtet das Northern California Kaiser Permanent Perinatal Patient Safety Program über ein verbessertes Sicherheitsklima nach dem Training (MacEachin et al.
2009).
Die Ziele des Moduls sind:
-
die intermittierende Auskultation der fetalen Herzfrequenz entsprechend einem standardisierten Vorgehen zu dokumentieren,
-
die Merkmale und Terminologie des normalen, suspekten und pathologischen CTGs zu verstehen,
-
die Bedeutung der CTG-Interpretation im Kontext aller klinischen Umstände zu begreifen und angemessene Maßnahme vorzuschlagen,
-
eine strukturierte Form der Aufzeichnung und Dokumentation zu verwenden,
-
spezifische klinische Informationen, relevante klinische Ereignisse und CTG-Interpretationen entsprechend zusätzlich zu den Einträgen im Partogramm zu dokumentieren.
Präeklampsie und Eklampsie
Die hypertensiven Störungen in der Schwangerschaft sind die zweithäufigste direkte Todesursache der Mutter (Wilkinson et al.
2011). Bei über 50 % dieser Fälle wurde der Tod als schwerer Behandlungsfehler klassifiziert, die Hälfte der Fälle hätte mit einer besseren Behandlung vermieden werden können. Die intrakranielle Hämorrhagie bleibt weiterhin die häufigste singuläre Todesursache und deutet auf eine fehlende effektive antihypertensive Behandlung hin.
Die Ziele der Präeklampsie- und Eklampsie-Schulung sind:
-
die Risikofaktoren zu kennen und die Zeichen und Symptome der schweren Präeklampsie zu erkennen,
-
die potenziellen Komplikationen der schweren
Hypertension und deren Management zu kennen (systolischer Blutdruck ≥160 mmHg),
-
einen eklamptischen Krampfanfall effektiv zu managen,
-
die nötige Behandlung mit MgSO4 und das dafür erforderliche Monitoring zu beherrschen,
-
die Bedeutung einer detaillierten zeitnahen Dokumentation zu vermitteln.
Mütterliche Sepsis
Während des Dreijahreszeitraums 2006–2008 war
Sepsis die führende Ursache direkter mütterlicher Todesfälle (26 Fälle). Drei weitere Fälle wurden als späte direkte Fälle klassifiziert (Saving Mothers Lives
2011). Sepsis ist komplex und noch nicht vollständig verstanden. Sie ist oft schwer zu erkennen und zu managen und stellt eine ständige Herausforderung dar. Einige Todesfälle werden potenziell unvermeidbar bleiben. Ein verbessertes Training, ein strukturierter Ansatz, eine frühzeitige Erkennung und rasche Umsetzung von Sofortmaßnahmen im Krankenhaus und besonders im Kreißsaal können jedoch helfen, in Zukunft viele Leben zu retten.
Die Ziele der Sepsis-Schulung sind:
-
eine schwere mütterliche
Sepsis zu erkennen,
-
das Serum-Laktat zur Einschätzung der Schwere der Sepsis zu verwenden,
-
das Notfallmanagement des septischen Schocks zu vermitteln,
-
die Notwendigkeit der frühen i. v. Antibiose und Volumensubstitution zu vermitteln,
-
die Bedeutung des modifizierten geburtshilflichen Early Warning Score (MOEWS) Charts zu kennen,
-
die Wichtigkeit der frühzeitigen Einbeziehung erfahrener multiprofessioneller Kliniker zu verstehen,
-
die potenziellen Komplikationen der schweren Sepsis zu rekapitulieren.
Schwere geburtshilfliche Blutung
Die massive geburtshilfliche Blutung ist die führende mütterliche Todesursache weltweit, die in einigen Studien für mindestens 50 % der Todesfälle verantwortlich ist (Khan et al.
2006).
Die Ziele des Moduls sind:
-
die wesentlichen Risikofaktoren und Gründe der schweren geburtshilflichen Blutung zu kennen,
-
die Bedeutung der Früherkennung der Blutung zu verstehen,
-
mit dem unmittelbaren Management und der speziellen Behandlung der schweren vorgeburtlichen, intrapartalen und postpartalen Blutung vertraut zu sein,
-
die Bedeutung der frühen adäquaten Flüssigkeitswiederbelebung zu verstehen,
-
effektiv mit der Patientin und dem multiprofessionellen Team zu kommunizieren,
-
Details des Managements klar, genau und lesbar zu dokumentieren.
Schulterdystokie
Bei einer
Schulterdystokie trifft nach der Geburt des Kopfes die anteriore Schulter auf die mütterliche Symphyse, was die Geburt des Körpers verhindert. Es werden spezielle zusätzliche Manöver erforderlich (z. B. McRoberts, suprasymphysärer Druck), um die Geburt des Babys zu vervollständigen (Resnik
1980). Die Schulterdystokie besitzt eine hohe perinatale Morbidität und Mortalität (Gherman et al.
1998), sowohl für das Kind (Totgeburt,
Hypoxie, Plexus-brachialis-Verletzung) als auch für die Mutter (postpartale Hämorrhagie, hochgradige Dammrisse, psychologisches Leid).
Die Ziele der Schulterdystokie-Schulung sind:
-
-
dass nur eine routinemäßige axiale Traktion angewendet werden sollte,
-
die Manöver zu verstehen, die für die Geburt bei Schulterdystokie nötig sind,
-
zu verstehen, wie wichtig eine klare und genaue Dokumentation ist,
-
ein Bewusstsein für die potenziellen Komplikationen der Schulterdystokie zu erwerben.
Nabelschnurvorfall
Der Nabelschnurvorfall kann als das Tiefertreten der Nabelschnur durch die Cervix bei bestehendem Blasensprung definiert werden. Die mütterliche Mortalität bei Nabelschnurvorfall ist in den letzten Jahren gefallen. Allerdings ist die
perinatale Mortalität unverändert hoch und beträgt etwa 7 % (Hehir et al.
2017).
Die Ziele der Nabelschnurvorfall-Schulung sind:
-
die Risikofaktoren für Nabelschnurvorfall zu erkennen,
-
die nötige Hilfe zu rufen,
-
die Maßnahmen durchzuführen, um die Nabelschnurkompression zu verringern,
-
effektiv mit der Frau und dem Team zu kommunizieren,
-
die Wichtigkeit einer angemessenen Dokumentation zu verstehen.
Vaginale Beckenendlagegeburt
Eine Beckenendlage besteht dann, wenn der vorangehende Teil des Fetus der Steiß oder die Füße sind, dabei können die Beine gestreckt oder gebeugt sein. Die Beckenendlagegeburt ist mit einer höheren perinatalen Morbidität und Mortalität als die Geburt aus Schädellage assoziiert. Die Häufigkeit von
Frühgeburt, angeborenen Fehlbildungen,
Geburtsasphyxie und Trauma ist erhöht (Impey et al.
2017).
Die Ziele der Schulung zur vaginalen Beckenendlagegeburt sind:
-
ein Dauer-CTG während der Geburt sicherzustellen, das auch nach der Entscheidung zu einer Sektio fortgeführt werden sollte,
-
erst dann pressen zu lassen, wenn der Muttermund vollständig ist,
-
so lange wie möglich eine „Hands-off-Strategie“ zu verfolgen,
-
das Einschneiden des Steißes in das Perineum abzuwarten, bevor zum aktiven Pressen angeleitet wird,
-
Zug am Steiß zu vermeiden,
-
die Manöver zu verstehen, die für die Unterstützung einer Beckenendlagegeburt erforderlich sein können.
Zwillingsgeburt
Die
perinatale Mortalität von Zwillingen ist ca. 7-fach höher als von Einlingen und nahezu jede geburtshilfliche Komplikation ist häufiger. Sowohl peripartale als auch postpartale Morbidität und Mortalität sind erhöht (Kahn et al.
2003). Bei unkomplizierten Zwillingsschwangerschaften, mit dem ersten Zwilling in Schädellage, sollte eine vaginale Geburt angeboten werden (von Kaisenberg et al.
2020).
Die Ziele der Zwillingsgeburt-Schulung sind:
-
die Vorbereitung des Kreißsaals und der Gerätschaften für die Zwillingsgeburt,
-
das intrapartuale Dauer-CTG für beide Zwillinge,
-
die Stabilisation der Längslage des zweiten Zwillings,
-
die verschiedenen Manöver zu kennen, um die Geburt des zweiten Zwillings zu erleichtern,
-
zu versuchen, das Zwilling-Zwilling-Geburtsintervall unter 30 Minuten zu halten,
-
rechtfertigende Situationen zu verstehen, in denen eine Sektio notwendig werden kann,
-
die Risiken der postpartalen Hämorrhagie zu kennen und zu managen,
-
alle Details der Geburt genau, klar und lesbar zu dokumentieren.
Akute Uterusinversion
Eine Uterusinversion ist ein abnormales Tiefertreten des Fundus uteri durch den Genitaltrakt und Umstülpung des Uterus. Eine Uterusinversion kann schwer zu diagnostizieren sein, insbesondere wenn der Fundus nicht außerhalb des Introitus sichtbar ist. Die Uterusinversion führt zunächst zu einem vasovagalen mütterlichen neurogenen Schock durch Stimulation des N. vagus (Milenkovic et al.
2005; Lee et al.
2009). Nach der Reposition folgt dann meist eine Atonie und Blutung.
Die Ziele der Uterusinversion-Schulung sind:
-
einen invertierten Uterus sowie den begleitenden mütterlichen Schock zu erkennen,
-
angemessene Hilfe zu rufen und eine sofortige adäquate Therapie des mütterlichen Schocks sicherzustellen,
-
einen Algorithmus der mechanischen Manöver zur Rückverlagerung des Uterus zu kennen – einschließlich des sofortigen frühzeitigen Hochschiebens,
-
zu wissen, dass die Plazenta, wenn adhärent, bis zur Replatzierung des Uterus nicht entfernt werden sollte.
Basic Neugeborenenreanimation
Alle Neugeborenen erfahren einen gewissen Grad an
Hypoxie unter der Geburt und bei der Entwicklung. Während die meisten Babys dies gut tolerieren, sind einige dazu nicht in der Lage und benötigen zusätzliche Hilfe, um eine postnatale Adaptation zu erreichen. Primäres Ziel der Neugeborenenreanimation ist die die Sicherstellung einer adäquaten Ventilation der Lunge, wodurch eine Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Funktion, der Zirkulation von sauerstoffreichem Blut und die Erholung des Kindes bewirkt werden kann (Resuscitation Council UK
2021).
Die Ziele der Schulung zur Neugeborenenreanimations sind:
-
das Entwickeln und Üben der Fähigkeit, bei der Reanimation von Früh- und Neugeborenen strukturiert vorzugehen,
-
das Verstehen der Pathophysiologie des Kreislaufstillstandes bei Neugeborenen aufgrund mütterlicher und geburtshilflicher Risikofaktoren,
-
das frühe Hinzuziehen von Hilfe,
-
die effektive Kommunikation mit den Eltern und dem neonatologischen Team,
-
die genaue und vollständige Dokumentation.