Definition
Die infektiöse
oder
septische Arthritis (IA) ist eine Gelenkentzündung infektiöser Ätiologie, die in der Regel bakteriell verursacht ist – gelegentlich als Sonderform auch durch Pilze, spezielle
Bakterien wie Mykobakterien oder Borrelien, Viren oder andere seltene Pathogene. In diesem Kapitel wird schwerpunktmäßig die „klassische“ bakterielle IA behandelt. Diese tritt für gewöhnlich monoartikulär auf und befällt vorzugsweise große Gelenke, wie z. B. das Knie- oder Hüftgelenk. Es gibt aber auch polyartikuläre septische Arthritiden
sowie Infektionen der kleinen Gelenke (Momodu und Savaliya
2020).
Die meisten Fälle haben ihre Ursache in einer hämatogenen Streuung im Rahmen einer Bakteriämie
. Seltener sind Weichgewebsinfektionen die Ursache, welche sich direkt in das Gelenk fortsetzen. Das direkte Einbringen von
Bakterien erfolgt bei einer traumatischen Gelenkeröffnung, einer offenen Fraktur oder Luxation, bei iatrogenen
Gelenkpunktionen oder intraartikulären Injektionen, aber auch durch
Tierbisse (Rodrigues et al.
2020; Stake et al.
2020).
Die IA ist ein medizinischer Notfall mit hoher Morbidität und Letalität. Sie kann zu erheblicher Gelenkdestruktion
und Funktionseinschränkung führen. Eine frühe Diagnose und adäquate Behandlung sind daher entscheidend für den Schutz der Gelenkfunktion und zur Vermeidung von weiterführenden Komplikationen (Momodu und Savaliya
2020).
Es gibt mehrere Synonyme bzw. Begriffe, welche in diesem Zusammenhang verwendet werden: u. a. bakterielle
, eitrige
oder
septische Arthritis, Gelenkempyem
und Pyarthros
.
Klassifikation
Eine Klassifikation, welche alle für eine IA wichtigen Faktoren berücksichtigt, gibt es bislang nicht (Schmidt und Bühler
2019).
Für die arthroskopische Beurteilung hat sich die Klassifikation nach Gächter und Stutz bewährt (Gächter
1993; Stutz et al.
2000; Stutz und Gächter
2001) (Tab.
1).
Tab. 1
Arthroskopische Klassifikation einer nativen Gelenkinfektion nach Gächter
I | • Synovialitis • trübe Gelenkflüssigkeit • mögliche petechiale Blutungen |
II | • Pus • Fibringerinsel |
III | • Verdickung der Synovialmembran bis zu mehreren Zentimetern |
IV | • Pannus • aggressive Synovialitis • radiologisch sichtbare Veränderungen • subchondrale Erosionen |
Schmidt und Bühler (
2019) unterscheiden 4 Stadien, die sich zur Beurteilung der individuellen Gelenkinfektion auch am offenen Gelenk gut anwenden lassen: Stadium I (Synovialishyperämie
), Stadium II (Synovialishypertrophie
), Stadium III (Synovialisschwamm
) und Stadium IV (Synovialisschwamm und Knorpelschäden) (Schmidt und Bühler
2019).
Die
septische Arthritis kann isoliert als
primäre septische Arthritis oder im Zusammenhang mit einer systemischen Infektion als
sekundäre Form vorkommen (Stake et al.
2020). Wenn eine relevante systemische Infektion zugrunde liegt, ergibt sich ein insgesamt höheres Mortalitätsrisiko (Abram et al.
2020).
Ätiologie
Über alle Altersgruppen hinweg sind
Staphylococcus aureus und
Streptokokken die bedeutendsten Erreger bei septischen Arthritiden, sodass diese grampositiven Kokken bei der empirischen Therapie in jedem Fall zu berücksichtigen sind.
Bei Kindern ist meist das Hüftgelenk betroffen. Die häufigsten Erreger sind in dieser Altersgruppe insbesondere
Staphylococcus aureus und – zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr – die gramnegativen
Bakterien Kingella kingae und
Haemophilus influenzae. Bei Neugeborenen kommen insbesondere
Streptococcus agalactiae (
Streptokokken der Gruppe B, GBS),
Enterobakterien sowie gelegentlich
Neisseria gonorrhoeae (bei unerkannter mütterlicher Infektion und vaginaler Geburt) vor. Im Rahmen von
Meningokokken-Septikämien (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
) und -Meningitiden oder oropharyngealen Meningokokken-Besiedlungen kann selten auch
Neisseria meningitidis Gelenkentzündungen verursachen. Eine ähnliche Ätiopathologie zeigt sich bei
Streptococcus pneumoniae (
Pneumokokken).
Beim Erwachsenen ist das Kniegelenk, gefolgt vom Hüftgelenk, am häufigsten betroffen. In dieser Altersklasse findet sich meist
Staphylococcus aureus als Verursacher, seltener
Streptococcus pneumoniae,
Salmonellen (bei Sichelzell-Anämie),
Enterokokken, coliforme
Enterobakterien und Pseudomonaden (bei Traumata und Wundpunktionen).
Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen (z. B. dialysepflichtige
Niereninsuffizienz), vorausgegangenen Krankenhausbehandlungen und Antibiotikatherapien muss auch mit
multiresistenten Erregern (MRE) wie z. B. Methicillin-resistenten
S. aureus (
MRSA) gerechnet werden – ebenso bei bereits bekannter MRE
-Besiedlung in der Vorgeschichte.
Bei jungen, sexuell aktiven Patienten sollte auch an eine Infektion mit
Neisseria gonorrhoeae (
Gonokokken) gedacht werden, die – trotz meist moderaten klinischen Untersuchungsbefunds – oft perakut und hochschmerzhaft verläuft.
Patienten mit Leukämie sind anfällig für eine Infektion mit wasserkontaminierenden
Bakterien wie
Aeromonas spp. (Momodu und Savaliya
2020; Rodrigues et al.
2020). Ebenso sind
Mycobacterium marinum und Vibrionen
manchmal für infektiöse Arthritiden nach Verletzungen im Wasser verantwortlich.
Patienten mit lang dauernder Antibiotika-Therapie haben neben einem erhöhten MRE-Risiko eine höhere Wahrscheinlichkeit für Pilzinfektionen. Auch bei Immunsupprimierten finden sich häufiger Pilze, aber auch Mykobakterien in infizierten Gelenken.
Nach iatrogenen Punktionen und Arthroskopien können insbesondere Erreger der Haut- bzw. Nasen-/Rachen-Flora, wie
Cutibacterium acnes (ehemals
Propionibacterium acnes), koagulase-negative
Staphylokokken (KNS),
S. aureus und orale
Streptokokken in ein Gelenk verschleppt werden.
Im Rahmen urogenitaler Eingriffe können auch zellwandlose
Bakterien des Urogenitaltrakts, wie z. B. Chlamydien, durch transiente Bakteriämien
in Gelenke eindringen. Diese „atypischen“ Bakterien sprechen aufgrund der fehlenden Murein-Zellwand nicht auf Beta-Laktam-Antibiotika an.
Bei
i. v.-Drogenabusus finden sich neben
S. aureus häufiger
Enterobakterien, Pilze und
Pseudomonas aeruginosa bzw. auch
Mischinfektionen im infizierten Gelenk (Momodu und Savaliya
2020).
Ein besonderes Erregerspektrum kann sich bei der
septischen Arthritis im Rahmen von
Bissverletzungen ergeben, insbesondere nach Katzenbissen mit Pasteurellen,
Capnocytophaga canimorsus oder tierspezifischen Neisserien; nach Nagetierbissen mit
Streptobacillus moniliformis oder
Spirillum minus (Rattenbissfieber) und nach Menschenbissen mit oralen
Streptokokken sowie Erregern der HACEK-Gruppe.
Bei etwa 5 % der Patienten kommen polymikrobielle
Gelenkinfektionen vor, nicht selten als Folge eines Traumas oder einer abdominellen Infektion. Gelenke mit Vorschädigung, wie z. B. bei
rheumatoider Arthritis, sind hoch anfällig für Infektionen (Momodu und Savaliya
2020). Bis zu 47 % von Patienten mit bakterieller Arthritis haben vorbestehende Gelenkprobleme (Rodrigues et al.
2020).
Patienten mit chronischen
Harnwegsinfektionen oder kürzlich erfolgter Abdominalchirurgie entwickeln besonders häufig eine infektiöse Arthritis mit gramnegativen
Bakterien. Der Anteil von gramnegativen Mikroorganismen schwankt nach Literaturangaben zwischen 5 % und 20 %. Hier spielen
Escherichia coli,
Pseudomonas aeruginosa und
Haemophilus influenzae eine wesentliche Rolle (Lee et al.
2020).
Die virale (septische) Arthritis ist selten und meist ein Begleitbefund, der auf eine virale Primärinfektion oder auf eine chronische Infektion hinweisen kann. Das Bild ähnelt dem einer
rheumatoiden Arthritis. Häufigster Erreger der viralen Arthritis bei Erwachsenen in Deutschland ist
Parvovirus B19. Differentialdiagnostisch sollte auch an
HIV-Infektion,
EBV-Infektion und
Hepatitis B und C
gedacht werden; bei passender Reiseanamnese sind beispielsweise Flaviviren (z. B. Dengue-,
Zika-Virus), Alphaviren (z. B. Chikungunya-, Ross-River-Virus) oder andere „tropische“ Viren zu berücksichtigen (Sendi et al.
2018).
Differentialdiagnostisch sollte – insbesondere bei „kulturnegativen“ Formen – auch eine postinfektiöse (posturethritische bzw. postenteritische) Arthritis nach vorausgegangenen Infektionen mit Neisserien, Chlamydien, Myko- und
Ureaplasmen,
Campylobacter spp.,
Salmonellen, Yersinien oder Viren bedacht werden. Derartige
reaktive Arthritiden beruhen häufig auf einer genetischen Prädisposition und gehen auf immunologische Kreuzreaktionen zurück. Dementsprechend ist der therapeutische Ansatz ein anderer als bei der „klassischen“
septischen Arthritis.
Pathophysiologie und Risikofaktoren
Die Infektion des Gelenkes kann endogen oder exogen ausgelöst werden. Endogene Ursachen sind Organinfektionen (Herz, Nieren, Leber, Pankreas), einliegende invasive Katheter, Implantate und Hautaffektionen wie
Erysipel, Intertrigo oder
Psoriasis (Schmidt und Bühler
2019). Exogene Ursachen sind gelenknahe Wunden oder offene Frakturen sowie iatrogene Verletzungen der Haut und Weichteile. Hierzu zählen auch Punktionen, Injektionen sowie Arthroskopien und der künstliche Gelenkersatz (Schmidt und Bühler
2019).
Zur infektiösen Arthritis kommt es im Rahmen einer bakteriellen Invasion der Synovialis und des Gelenkraumes infolge eines entzündlichen Prozesses. Die sehr gut durchblutete Synovialis besitzt keine schützende Basalmembran gegen Infektionen auf endogenem (hämatogenem und lymphogenem) Weg.
Leukozyten, proinflammatorische
Zytokine und Proteasen vermitteln die Gelenkzerstörung, die auch durch bakterielle
Toxine (z. B. bei
S. aureus, beta-hämolysierenden
Streptokokken) begünstigt wird. Bakterienspezifische Oberflächenproteine (Adhäsine) sind an der Ausbildung eines Biofilms beteiligt, der die
Bakterien vor dem Immunsystem und vor Antiinfektiva schützt (Momodu und Savaliya
2020).
Risikogruppen für komplizierte und protrahierte Verläufe sind Neonaten, Hämophilie-Patienten mit einem Hämarthros, Immunsupprimierte (z. B. Sichelzell-Anämie,
HIV-Infektion, Hypogammaglobulinämie, Steroidtherapie) und Patienten unter Chemotherapie.
Ältere Patienten mit Komorbiditäten wie kardiovaskulären Erkrankungen scheinen häufiger eine septisch verlaufende IA zu erleiden.
Weitere Risikofaktoren sind ein Alter ab 80 Jahre,
Diabetes mellitus, dialysepflichtige
Niereninsuffizienz,
rheumatoide Arthritis, immunmodulierende medikamentöse Therapien (z. B. TNF-
alpha-Blocker), vorangegangene Gelenkoperationen, Gelenkprothesen, Hautinfektionen und -ulzerationen, eine vorbestehende
Arthrose, infektiöse Geschlechtskrankheiten (z. B. Gonorrhö) sowie alle Faktoren, die zu einer
Sepsis führen (Schmidt und Bühler
2019; Momodu und Savaliya
2020). Auch vorangegangene intraartikuläre Injektionen, insbesondere mit Steroiden, erhöhen das Infektionsrisiko. Deshalb sollten Steroidinjektionen in ein Gelenk möglichst vermieden werden, wenn innerhalb der nächsten 6 Monate an diesem Gelenk ein operativer Eingriff erfolgen soll.
Therapie
Die IA kann zu einer raschen Zerstörung des Gelenkknorpels mit anhaltender Gelenkzerstörung führen. Aus diesem Grund ist die schnelle operative Versorgung und gezielte
antimikrobielle Therapie wichtig für den Erhalt des Gelenkes und die Vermeidung von Komplikationen. Patienten mit IA sollten daher umgehend stationär aufgenommen werden (Pool et al.
2020).
Die Behandlung besteht zunächst in einer Drainage des betroffenen Gelenks (Arthrotomie, Arthroskopie oder Punktion) in Kombination mit einer
antimikrobiellen Therapie. Wichtig ist die unmittelbare Vorbereitung der chirurgischen Versorgung. Eine alleinige Punktion als Entlastung ist nicht ausreichend.
Die definitive standardisierte Versorgung der IA beinhaltet die umgehende operative Versorgung mit Spülung und Débridement und zunächst kalkulierter, dann ggf. gezielter antibiogrammgerechter intravenöser Antibiotikatherapie. Die operative Versorgung und Spülung kann arthroskopisch oder über eine offene Arthrotomie erfolgen. Ziel ist die Entfernung von Eiter- und Fibrinflocken sowie die Minimierung der intraartikulären bakteriellen Belastung. Eine verzögerte Therapie kann zu irreversiblen Schädigungen des Gelenkknorpels führen, zur Verstärkung der Infektion und zur
Sepsis (Stake et al.
2020).
Da
Staphylokokken und
Streptokokken die häufigsten Ursachen für IA sind, spielt die empirische Antibiotikatherapie gegen diese Erreger eine wesentliche Rolle bei der Behandlung. Allerdings sollte auch die noch immer relativ hohe
Prävalenz von Infektionen durch Methicillin-resistente
Staphylococcus aureus (
MRSA) bedacht werden (Lee et al.
2020; George et al.
2019).
Stadium I bis III nach Gächter sind der Arthroskopie zugänglich. Im Stadium IV ist ein offenes Vorgehen vorzuziehen. Im Stadium II und III müssen Fibrinbeläge entfernt werden. Bis Stadium II wird empfohlen, die Synovialis als „Keimbarriere“ zu belassen, im Stadium III und IV sollte sie reseziert werden. Eine lokale Antibiotikatherapie im Rahmen des operativen Vorgehens wird empfohlen (antibiotikabeladene Kollagenschwämme) (Mabille et al.
2020).
Eine empirische bzw. kalkulierte intravenöse antibiotische Behandlung sollte unmittelbar nach Gewinnung von Material für die Mikrobiologie eingeleitet werden. Ziel ist neben der Behandlung des septischen Gelenkes die Unterbindung einer möglichen hämatogenen Streuung und damit die Vermeidung septischer Metastasen.
In der Regel richtet sich die empirische Antibiotikatherapie gegen grampositive
Bakterien. Das Risiko, gramnegative Bakterien dabei nicht adäquat mit zu behandeln, ist abhängig vom individuellen Risikoprofil des Patienten als relevant einzuschätzen. Bei periprothetischen
Gelenkinfektionen spielen insbesondere
Staphylococcus aureus und Koagulase-negative
Staphylokokken (KNS) eine wichtige Rolle (Lee et al.
2020).
Die systemische Antibiotikatherapie muss daher vor allem
Staphylokokken in allen Alters- und Risikogruppen adäquat umfassen (Flucloxacillin, Cefazolin, Clindamycin oder
Vancomycin). Bei V. a.
MRSA ist die intravenöse Gabe von Vancomycin
, Daptomycin oder Linezolid geeignet. Für die Therapie mit Vancomycin ist das nephrotoxische Potential der Substanz zu beachten. Ein regelmäßiges Monitoring der Vancomycin-Talspiegel und der Retentionsparameter der Patienten ist obligat, bei
S. aureus Infektionen soll nach
AUC (bestimmtes Integral unter der Kurve, engl. Area Under the Curve) dosiert werden (Rybak et al.
2020). Linezolid kann in Kombination mit zahlreichen Arzneistoffen (
Opioiden,
Antidepressiva) ein Serotoninsyndrom hervorrufen. Die Therapiedauer mit Linezolid ist wegen Myelotoxizität auf maximal 28 Tage begrenzt. Bei immunsupprimierten Patienten, Patienten mit i. v.-Drogenabusus oder hohem Risiko für Infektionen durch gramnegative
Bakterien umfassen Drittgenerationscephalosporine wie Ceftriaxon, Cefotaxim oder Ceftazidim das zu erwartende Erregerspektrum adäquat.
Alter, individuelle Risikofaktoren und die Ergebnisse der Gramfärbung sollten bei der Auswahl der
Antibiotika unbedingt beachtet werden (z. B. Einsatz von Cephalosporinen der dritten Generation bei V. a.
Salmonellen oder
Neisseria gonorrhoeae).
Eine durch grampositive Erreger verursachte infektiöse Arthritis wird für gewöhnlich intravenös mit
Antibiotika für über 2 Wochen, gefolgt von 1 bis 2 Wochen oraler Sequenztherapie behandelt. Geeignet für eine Oralisierung sind Arzneistoffe mit einer guten
Bioverfügbarkeit (Tab.
2). Orale Betalaktame (Flucloxacillin, Cefuroxim) erreichen aufgrund ihrer geringen Bioverfügbarkeit nur insuffiziente Gewebespiegel. Eine länger andauernde antibiotische Therapie für 4 bis 6 Wochen kann bei Infektionen durch
Pseudomonas aeruginosa erwogen werden. Lange Therapien können post-stationär als sog. ambulante parenterale antiinfektive Therapie (APAT) fortgeführt werden. Über individuell hergestellte Elastomerpumpen appliziert der Patient das Antiinfektivum selbst zu Hause. Diese in Deutschland noch relativ neue Versorgungsform erfordert die Etablierung entsprechender logistischer Strukturen sowie ein hohes Maß an Eigenverantwortung des Patienten. Vorteile der APAT sind Reduktion der stationären Verweildauer und eine Erhöhung der Patientenzufriedenheit (Stegemann et al.
2019).
Tab. 2
Antiinfektiva mit guter Bioverfügbarkeit, geeignet für eine Oralisierung (Auswahl) (S3-Leitlinie
2018, „Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus“)
Antibiotika | Ciprofloxacin Clindamycin Cotrimoxazol Doxycyclin Levofloxacin Linezolid Metronidazol Moxifloxacin Rifampicin |
Antimykotika | Fluconazol Voriconazol |
Eine Gonokokken-Arthritis wird intravenös mit Ceftriaxon oder Cefotaxim behandelt, nach klinischer Besserung ist eine orale Sequenztherapie mit Cefixim oder Azithromycin möglich.
Virale Arthritiden werden – je nach Virus – antiviral (z. B.
HIV,
Hepatitis B, C), immunmodulatorisch oder symptomatisch (z. B. Flaviviren, Alphaviren,
Parvovirus B19) behandelt.
Prognose
Die Prognose der IA ist von der raschen Diagnose und dem schnellstmöglichen Beginn einer adäquaten Therapie abhängig. Dies gilt besonders für Patienten mit bekannten prädisponierenden Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. Andernfalls kann sich die Prognose verschlechtern, einhergehend mit anhaltenden Beschwerden, Funktionsminderung oder sogar Verlust des Gelenkes. Eine alleinige Entlastungspunktion auch unter laufender Antibiotikabehandlung bringt kaum Nutzen. Vielmehr ist – außer bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern – eine rasche operative Versorgung dringend indiziert. Wichtig ist eine suffiziente begleitende systemische Antibiose (Schmidt und Bühler
2019). Eine verzögerte oder inadäquate Behandlung kann in bis zu 11 % der Fälle zu irreversiblen Gelenkschäden führen (Rodrigues et al.
2020). Die Inzidenzrate einer
Osteomyelitis wird in der Literatur mit 8 % angegeben (Abram et al.
2020).
Trotz antibiotischer Therapie beträgt die Mortalitätsrate bei infektiöser Arthritis bis zu 15 %. Sie steigt mit dem Alter, Begleiterkrankungen und vorbestehenden Gelenkerkrankungen sowie einliegendem intraartikulären Material an. Infektionen mit Neisserien verlaufen selten letal, während Infektionen mit
Staphylokokken zu einer Mortalitätsrate von bis zu 50 % führen können (Momodu und Savaliya
2020). Etwa 7 % der Patienten, die eine arthroskopische Spülung bei septischer Kniegelenksarthritis hatten, verstarben innerhalb von 90 Tagen und 1 % der Patienten mit einer Kniegelenkstotalendoprothese verstarben innerhalb eines Jahres bzw. 9 % innerhalb von 15 Jahren (Abram et al.
2020). Insgesamt lässt sich allerdings ein Rückgang der Mortalitätsrate innerhalb der letzten 20 Jahre feststellen (Abram et al.
2020).