Erschienen in:
19.02.2024 | Übersichten
Genetische Studien an forensisch Untergebrachten?
Klinische, ethische und juristische Überlegungen
verfasst von:
PD Dr. med. Jan Bulla, Josef Franz Lindner, Daniela Mier, Thomas G. Schulze, Fanny Senner, Kerstin Schlögl-Flierl
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 3/2024
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Forschung an Menschen im Freiheitsentzug wirft schwerwiegende Fragen auf. Dies gilt insbesondere für verhaltensgenetische Studien.
Fragestellung
Bringt der Einschluss forensisch-psychiatrisch Untergebrachter in genetische Studien einen Erkenntnisgewinn und ist aus ethischer und juristischer Sicht grundsätzlich vertretbar?
Methode
Auswertung vorhandener Literatur und interdisziplinäre Reflexion.
Ergebnisse
Ausgehend von forschungsethischen Prinzipien und rechtlichen Normen werden zunächst Nutzen und Gefahren solcher Forschungsvorhaben unter Berücksichtigung der besonderen Situation von Proband:innen im Freiheitsentzug bedacht. Die grundrechtlich verbürgte Forschungsfreiheit rechtfertigt auch in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie Grundlagenforschung. Deren möglicher Nutzen durch zukünftig verbesserte Behandlung ist vor allem gegenüber potenziellen Datenlecks und den aus einer unsachgerechten öffentlichen Rezeption von Forschungsergebnissen resultierenden Risiken abzuwägen. Mögliche Gefährdungen der freiwilligen und informierten Einwilligung in die Studienteilnahme werden im Lichte des ethischen Konzepts der Vulnerabilitäten genauer analysiert und Empfehlungen für eine vertretbare Umsetzung gegeben.
Schlussfolgerungen
Der Einschluss forensisch untergebrachter Proband:innen kann aus ethischer und rechtlicher Sicht dadurch gerechtfertigt werden, die selbstbestimmte Einwilligung durch besondere organisatorische und verfahrensrechtliche Maßnahmen abzusichern, beispielsweise durch eine klare personelle und organisatorische Trennung von Vollzug und Forschung.