Teil 1: Hintergründe zu integrierten Notfallzentren
Warum braucht es ein INZ?
Wie kann eine Etablierung gelingen?
Was spricht gegen die Einführung von INZ?
Teil 2: Umfrage unter pflegerischen und ärztlichen Notaufnahmeleitungen
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Können integrierte Notfallzentren als Lösung der Patientensteuerung genutzt werden?
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Welche personellen und strukturellen Rahmenbedingungen beziehungsweise Voraussetzungen müssen für die Etablierung von integrierten Notfallzentren vorliegen?
Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Ergebnisse
Teilnehmer an der Befragung
Notaufnahmestandort nach Einwohnerzahl (EW) | ||||
% | 5 | 43 | 26 | 26 |
Einwohnerzahl (EW) | 2000–5000 EW | 5000–20.000 EW | 20.000–100.000 EW | > 100.000 EW |
Notfallstufe (NS) | ||||
% | 9 | 43 | 31 | 17 |
Gemäß G‑BAa | Keine NS | NS 1 | NS 2 | NS 3 |
Eigenständige Abteilung mit zugehörigem ärztlichem & pflegerischem Personal und 24/7-Verfügbarkeit | ||||
% | 95 | 5 | ||
Ja/nein | Ja | Nein | ||
Existieren einer KV-Praxis | ||||
% | 66 | 34 | ||
Ja/nein | Ja | Nein | ||
Existieren eines INZ | ||||
% | 20 | 80 | ||
Ja/nein | Ja | Nein | ||
Leitungsfunktion | ||||
% | 53 | 47 | ||
Ärztlich/pflegerisch | Ärztlich | Pflegerisch |
Deskriptive Datenauswertung
Mögliche Gründe
Ziele
Voraussetzungen
Gefahren
Kritik
Überprüfung der literaturgestützten Vorannahmen
Literaturgestützte Vorannahmen | Abgefragte Thesen | Zustimmung (%) | Ergebnis |
---|---|---|---|
1. Notaufnahmeleitungen Bayerns sind sich mehrheitlich einig, dass Patienten die Notfallaufnahme aufsuchen, da sie die Strukturen der Notfallversorgung nicht kennen. | Patienten suchen die Notaufnahme auf, da sie die Strukturen der Notfallversorgung nicht kennen. | 87 |
×
|
2. Die Notaufnahmeleitungen Bayerns sind sich mehrheitlich einig, dass die momentane Überfüllung der Notaufnahmen Risiken fördert. | „Overcrowding“ kann zu einer erhöhten Mortalität von Patienten führen. | 88 |
×
|
3. Integrierte Notfallzentren sollen durch eine effizientere Patientensteuerung und nahtlose Verzahnung der Ressourcen zu einer qualitativ positiveren und effizienteren Notfallversorgung beitragen. | INZ führen zu einer besseren Verzahnung der Notfallversorgung (Rettungsdienst, KV-Bereitschaftsdienst, Notaufnahme, …). | 85 |
×
|
INZ führen zu einem effizienteren Einsatz von Ressourcen. | 75 | ||
INZ führen zu einer effizienteren Versorgung, da sie Kosten und Aufwand einsparen. | 72 | ||
INZ führen zu einer qualitativ besseren Versorgung und tragen zu Versorgungssicherheit des Patienten bei. | 72 | ||
Im Sinne des Gesetzes ist es Ziel, dass INZ den Patienten direkt zur richtigen Stelle der Versorgung leiten. | 87 | ||
4. Eine validierte Ersteinschätzung gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen in integrierten Notfallzentren. | INZ setzen eine Zusammenarbeit aller Beteiligten (KV-Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst, Notaufnahme) voraus. | 100 |
×
|
Eine digitale Vernetzung aller Beteiligten (KV-Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst, Notaufnahme) ist notwendig. | 94 | ||
Eine einheitliche Dokumentation und eng verzahnte Strukturen zwischen Notaufnahme und KV-Praxis sind notwendig. | 87 | ||
In den INZ muss eine validierte Ersteinschätzung durchgeführt werden. | 99 | ||
INZ sollen über Krankenhäuser organisiert werden. | 92 | ||
Ein finanzieller Anreiz für INZ darf nicht bestehen. | 53 | ||
INZ stellen einen pflegesensitiven Bereich dar, in dem Notfallpflegende arbeiten sollten. | 92 | ||
Angemessene Personalbemessungsmodelle in INZ müssen entwickelt werden. | 99 | ||
Gesetzliche Vorgaben für eine integrative und sektorenübergreifende Notfallversorgung müssen geschaffen werden. | 95 | ||
Notfallstrukturen inklusive INZ müssen für den Patienten transparent gestaltet werden. | 99 | ||
5. Die Mehrheit der Befragten steht eher für eine notfallmedizinische Leitung des INZ als die alleinige Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung. | Unter welcher Leitung sollen INZ stehen? – Arzt der kassenärztlichen Vereinigung – Notfallmediziner des Krankenhauses – Gemeinsame Leitung von KV-Arzt und Notfallmediziner des Krankenhauses | Notfallmediziner des Krankenhauses: 66 |
×
|
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind nicht in der Lage, über eine stationäre Aufnahme zu entscheiden. | 66 | ||
6. Die Mehrheit aller Notaufnahmeleitungen in Bayern denkt, dass gewisse personelle und strukturelle Voraussetzungen bei der Einführung von INZ notwendig sind. | INZ setzen eine Zusammenarbeit aller Beteiligten (KV-Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst, Notaufnahme) voraus. | 100 |
×
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Eine digitale Vernetzung aller Beteiligten (KV-Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst, Notaufnahme) ist notwendig. | 94 | ||
Eine einheitliche Dokumentation und eng verzahnte Strukturen zwischen Notaufnahme und KV-Praxis sind notwendig. | 87 | ||
In den INZ muss eine validierte Ersteinschätzung durchgeführt werden. | 99 | ||
Eine Triagierung durch MTS oder ESI dient der optimalen Patientensteuerung in INZ. | 87 | ||
Durch die Triage werden Hochrisikopatienten identifiziert. | 100 | ||
Die Ersteinschätzung kann durch einen … – erfahrenen Facharzt durchgeführt werden. – erfahrenen Notfallpflegenden durchgeführt werden. | Durch Notfallpflegenden: 93 | ||
INZ sollen über Krankenhäuser organisiert werden. | 92 | ||
Unter welcher Leitung sollen INZ stehen? – Arzt der kassenärztlichen Vereinigung – Notfallmediziner des Krankenhauses – Gemeinsame Leitung von KV-Arzt und Notfallmediziner des Krankenhauses | Notfallmediziner des Krankenhauses: 66 | ||
INZ-Standort-Festlegung führt zu einer Balance zwischen Zentralisierung und flächendeckender Versorgung. | 72 | ||
Ein finanzieller Anreiz für INZ darf nicht bestehen. | 53 | ||
INZ stellen einen pflegesensitiven Bereich dar, in dem Notfallpflegende arbeiten sollten. | 92 | ||
Angemessene Personalbemessungsmodelle in INZ müssen entwickelt werden. | 99 | ||
Gesetzliche Vorgaben für eine integrative und sektorenübergreifende Notfallversorgung müssen geschaffen werden. | 95 | ||
Notfallstrukturen inklusive INZ müssen für den Patienten transparent gestaltet werden. | 99 | ||
Welche weiteren Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Notfallversorgung mithilfe integrierter Notfallzentren gewährleistet werden kann? | Personal, Struktur, Zuständigkeiten, Finanzierung, Kooperation, Führung | ||
7. Die Leitungen, die die Etablierung von INZ sinnvoll finden, stimmen der Gefahr eines Abbaus von Notaufnahmen eher nicht zu. | Durch INZ besteht die Gefahr, dass die Anzahl der Notaufnahmen abgebaut werden. | 47 |
×
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Halten Sie die Etablierung von integrierten Notfallzentren für sinnvoll? | 82 | ||
8. Die Leitungen von Notaufnahmen in Kliniken der umfassenden Notfallversorgung finden die Etablierung von INZ sinnvoller als Kliniken der Basisnotfallversorgung und erweiterten Notfallversorgung. | Welcher Notfallstufe wird Ihr Haus angehören? | 84 der NS1 |
×
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Halten Sie die Etablierung von integrierten Notfallzentren für sinnvoll? | 87 der NS2 | ||
82 der NS3 | |||
9. Die Leitungen von Notaufnahmen in Kliniken, in denen bereits eine KV-Praxis etabliert ist, finden die Etablierung eines INZ sinnvoller als Klinken ohne KV-Praxis. | Existiert in Ihrem Haus bereits eine KV-Praxis? | 83 der mit KV |
×
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Halten Sie die Etablierung von Integrierten Notfallzentren für sinnvoll? | 81 der ohne KV | ||
10. Die Mehrheit aller Notaufnahmeleitungen in Bayern denkt, dass INZ zur Verbesserung der Notfallversorgung führen. | INZ führen in die Richtung einer hochprofessionellen notfallmedizinischen Versorgung. | 71 |
×
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INZ führen zu einer qualitativ besseren Versorgung und tragen zu Versorgungssicherheit des Patienten bei. | 72 |
Personell | Strukturell | Weitere |
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Einheitliche Qualifikation | Einheitliche Standards, Ausstattung, Vorgehen | Zusammenarbeit zwischen KV-Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst & Notaufnahme |
Facharztstatus mit Ausbildung in der Notfallmedizin | Einheitliche, validierte Triage (MTS, ESI) plus fachliche Anamnese | Zusammenarbeit mit Weiterversorgern (Apotheke, Sanitätsgeschäft, Fachärzte) |
Fachkraftquote | Einheitliche Dokumentation | 24/7-Präsenz des KV-Bereitschaftsdiensts |
Skill-Mix aus Fachpflegenden, medizinischen Fachangestellten, Notfallsanitätern | Vorhalten notwendiger technischer Möglichkeiten im INZ (Ultraschall, Labor, …) | Einbindung/Vernetzung mit niedergelassenen Fachärzten |
Expertise | Ressourcennutzung der Klinik | Organisation von fachärztlichen Terminen |
Fachkompetenz | Eindeutig definierte Zuständigkeiten | Integration der stationären Versorger in Abläufe der Präklinik |
Methodenkompetenz | Abbau bürokratischer Schranken | Bessere Verzahnung der Notfallmedizin |
„Leadership“ | Übernachtungsmöglichkeiten innerhalb des INZ | Adäquate Vergütung ambulanter Patienten |
Leitung durch Notfallmediziner des Krankenhauses | Digitale Vernetzung | Kostendeckende Finanzierung |
Ersteinschätzung durch erfahrene Notfallpflegende | Patienten gelangen nur über das INZ in stationäre Notfallversorgung | Flächendeckende Information der Bürger soll zu Transparenz führen |
Angemessene Personalbemessungsmodelle | INZ in allen Größenordnungen | App als Entscheidungshilfe für Patienten |
Organisation über das Krankenhaus | Gesetzliche Vorgaben müssen geschaffen werden | |
Rechtliche Sicherheit bei Abweisung/Zuweisung |
Weitere Ergebnisse
Korrelationen
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(+) Werden INZ als Weg hin zu einer hochprofessionellen notfallmedizinischen Versorgung angesehen, wird damit auch eine qualitativ bessere Versorgung und Verbesserung der Versorgungssicherheit assoziiert (rs = 0,775; p < 0,01).
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(+) Teilnehmer, die denken, dass INZ zu einer bedarfsgerechten Versorgung führen, denken auch, dass INZ zu einem effizienteren Einsatz von Ressourcen führen (rs = 0,738; p < 0,01).
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(+) Wird von Teilnehmern vermutet, dass die Auswahl des Versorgungsorts auf Grundlage einer vorgelagerten Dringlichkeitseinstufung die Patientensicherheit gefährdet, so wird auch befürchtet, dass INZ zu einer Zeitverzögerung bei kritischen Patienten führen können (rs = 0,537; p < 0,01).
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(−) Dahingegen zeigt sich ein Zusammenhang, dass Teilnehmer, die durch die Etablierung von INZ eine qualitativ bessere Versorgung und erhöhte Versorgungssicherheit vermuten, die Aussage, dass INZ bei kritischen Patienten zu einer Zeitverzögerung führen, nicht bestätigen (rs = −0,476; p < 0,01).
Diskussion
Können integrierte Notfallzentren als Lösung der Patientensteuerung genutzt werden?
Welche personellen und strukturellen Rahmenbedingungen beziehungsweise Voraussetzungen müssen für die Etablierung von integrierten Notfallzentren vorliegen?
Schlussfolgerung
Limitationen
Fazit für die Praxis
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Um eine qualitativ hochwertige sektorenübergreifende Notfallversorgung gewährleisten zu können, sollten alle Versorgungsbereiche (Rettungsdienst, INZ, KV-Bereitschaftsdienst, NA) zusammenarbeiten.
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Eine einheitliche validierte Triage (z. B. MTS/ESI), durchgeführt von erfahrenen Notfallpflegenden, sollte in allen INZ eingeführt werden.
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Die notwendigen Qualifikationen des vorzuhaltenden Fachpersonals sollten definiert werden, damit eine qualifizierte Notfallversorgung jederzeit gewährleistet werden kann.
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Die Bürger sollten flächendeckend über die Strukturen der Notfallversorgung in Deutschland informiert werden, damit eine Transparenz dieser hergestellt wird.