Neue Reanimationsleitlinien: So geht Wiederbelebung bei Säuglingen, Kindern, Jugendlichen

Es kann jeden Pädiater in Klinik und Praxis unvermittelt treffen: Plötzlich ist er mit einem Kind konfrontiert, das nicht atmet und keine Reaktionen zeigt. Entscheidend ist dann, wie schnell Atmung und Kreislauf stabilisiert werden können. Florian Hoffmann, München, hat beim diesjährigen Pädiatrie-Update erklärt, worauf man achten muss. Die Ende März 2021 aktualisierte Leitlinie zur Reanimation von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen bringt keine dramatischen Neuerungen, ist an einigen Stellen aber dennoch konkreter worden. Weiterhin existieren drei verschiedene Algorithmen für die verschiedenen Altersstufen mit unterschiedlichen Vorgehensweisen beim Verhältnis Kompression zu Ventilation. Wie Dr. Florian Hoffmann, München, beim Pädiatrie-Update 2021 in Berlin berichtete, wurde vor allem für diejenigen, die in Kliniken und im Kreißsaal tätig sind, jetzt erstmals klar definiert, dass der Neugeborenen-Algorithmus zur Reanimation mit drei Kompressionen und einer Beatmung nur unmittelbar nach der Geburt angewendet werden soll. Sobald das Neugeborene den Kreißsaal verlässt, gilt es als „Kind“ und wird dann mit 15 Kompressionen und zwei Beatmungen reanimiert. Die Anwendung bei größeren Kindern ist dagegen etwas aufgeweicht worden. So gilt der Kinder-Algorithmus zwar eigentlich bis zum 18. Geburtstag, wirkt aber ein Patient erwachsen, so kann er Hoffmann zufolge auch durchaus nach dem Erwachsenen-Algorithmus 30:2 behandelt werden. Empfehlung der Redaktion Podcast - Kindernotfall? 02.04.2021 | Pädiatrische Notfallmedizin | Podcast | Nachrichten Kindernotfall? Wann es wirklich kritisch wird Der vom Wickeltisch gestürzte Säugling oder das Kleinkind mit Fremdkörper in den Atemwegen: Wie bedrohlich ist die Lage tatsächlich? Diese Frage muss schnell beantwortet werden, um im Kindernotfall rechtzeitig handeln zu können. Der Kinderarzt Dr. Thomas Hoppen erläutert, woran Sie das kritisch kranke Kind erkennen – und wie es in ausgewählten Notfällen weitergeht. Beim Basic-Life-Support-Algorithmus hat sich insgesamt nichts geändert. Weiterhin geht man nach dem ABC-Schema (Atemwege öffnen, Beatmung, Kompression) vor. Hoffmann erinnerte daran, dass dies letztlich die entscheidenden Maßnahmen für das Outcome des Patienten seien. Man könne damit einen Minimalkreislauf schaffen, aus dem Patienten, selbst wenn sie über eine Stunde reanimiert würden, am Ende gesund hervorgehen könnten. Spricht der Patient auf Stimulation wie Schmerz oder Ansprache nicht an, werden die Atemwege geöffnet. Bei Säuglingen wird dazu der Kopf in Neutral- oder Schnüffelposition gebracht. Je älter der Patient ist, desto mehr kann man den Kopf überstrecken oder den Esmarch-Handgriff anwenden. Beim Öffnen der Atemwege ist auf eine abnormale Atmung in Form von Schnappatmungszügen zu achten, die häufig als reguläre Atmung fehlinterpretiert werden. Entscheidend ist die optimale Durchführung der Basismaßnahmen Sind keine eindeutigen Lebenszeichen bzw. keine normale Atmung erkennbar, erhält der Patient fünf initiale Beatmungen. Nicht immer hat man einen Beatmungsbeutel mit Maske parat. Für diesen Fall sei eines ganz klar, so Hoffmann: „Wir Profis sollen und müssen mit einer Beutel-Masken-Beatmung arbeiten. Von uns kann keiner erwarten, dass wir Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bei einem Patienten machen. Wenn der Beutel nicht sofort vorliegt, dann beginnt man mit den Thoraxkompressionen und steigt, sobald der Beutel da ist, in die fünf initialen Beatmungen ein.“ Eine effektive Methode der Ventilation ist der Doppel-C-Griff, bei dem die Maske mit zwei Händen auf dem Gesicht des Kindes fixiert wird. Da nun beide Hände eines Helfers gebunden sind, muss der Beatmungsbeutel von einem zweiten Helfer komprimiert werden. Die Zwei-Personen-Maskenbeatmung wurde neu in die Leitlinie aufgenommen und wird sich nach der Einschätzung Hoffmanns auch im weiteren Verlauf in der Kindernotfallmedizin durchsetzen. Nach diesen initialen Handgriffen folgt die Reanimation im Algorithmus 15:2. Im ersten Lebensjahr sollte man dem Notfallmediziner zufolge möglichst eine thoraxumgreifende Technik der Kompression, die Zwei-Daumen-Technik, verwenden. Die Drucktiefe beträgt dabei ein Drittel des Thoraxdurchmessers (im ersten Lebensjahr knapp 4 cm) mit einer Frequenz von 100–120/Minute. Sehr viel schwieriger sei die Zwei-Finger-Technik mit Zeige- und Mittelfinger einer Hand. Die neue Leitlinie bietet noch eine dritte Technik der Kompression an, wenn sich die anderen beiden nicht umsetzen lassen. Dabei wird die thoraxumgreifende Technik angewandt, der Thorax aber nicht umgriffen, sondern nur mittels Zwei-Daumen-Technik das Sternum komprimiert. Bei größeren Kindern kommen der Handballen, die ganze Hand oder die ineinander verschränkten Hände zum Einsatz, bei einer Drucktiefe von 5 bis maximal 6 cm, 100–120/Min. Entscheidend ist es laut Hoffmann, die richtige Drucktiefe zu erlangen, den Thorax zwischendurch voll zu entlasten und Druck und Entlastung etwa im Verhältnis 1:1 durchzuführen. Im Rahmen des Advanced-Life-Support erfolgen bei Kreislaufstillstand dann weitere Maßnahmen, je nachdem, ob der Patient schockbar ist oder nicht, entweder über Defibrillation oder Adrenalin. Basierend auf: Vortrag von Dr. Florian Hoffmann, München, beim 14. Pädiatrie-Update, 17. April 2021, Berlin Empfehlung der Redaktion Podcast - Reanimation 15.01.2021 | Kardiopulmonale Reanimation | Podcast | Online-Artikel Erste Hilfe: Die Basics der Wiederbelebung Der plötzliche Herz-Kreislaufstillstand ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Doch viele Menschen zögern, im Notfall zu handeln. Dabei sind die Basics der Wiederbelebung auch für Laien ganz einfach zu lernen, betont der Notfallmediziner und Anästhesist Prof. Bernd Böttiger, Köln. Eine Podcast-Episode über „Prüfen – Rufen – Drücken“ und wie man mit seinen Händen Leben retten kann. Weitere Beiträge vom Pädiatrie Update 2021 S3-Leitlinie „Halsschmerzen“ aktualisiert Otitis media: Kein „watchful waiting“ mehr bei den unter Zweijährigen? Neue Leitlinien: Uringewinnung bei kindlichen Harnwegsinfektionen

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